Thäterschaft. 877
Lit.: Stübel, eleeber den Thatbestand der Verbrechen, 1805. — Luden, Abhandlungen,
2. Band, 1840. — Schütze, Die nothwendige Kiillnahne am Verbrechen, i86. — Bin-
La. Die Normen, I. S. 98. ff. — Siehe auch die betreffenden Abschnitte im allgemeinen
der Lehr- und Herdbüchdl, Geyer.
Thäterschaft. Thäter (Th. I. S. 721) ist derjenige, welcher eine strafbare
Handlung selbst begeht im Gegensatz zu Demjenigen, welcher sich an der strafbaren
Handlung eines Anderen durch Anstiftung oder Beihülfe (s. diese Art.) betheiligt
(dem Theilnehmer). Das Rötraf GB. nimmt allerdings auch nicht selten den Aus-
druck im weiteren Sinne als gleichbedeutend mit demjenigen, der sich einer strafbaren
Handlung (sei es auch als Theilnehmer) schuldig macht, so z. B. gleich in § 3, ja
es nennt Thäter sogar denjenigen, welcher eine Handlung begangen oder That ver-
übt hat, welche unter das Strafgesetz nur fallen würde, wenn nicht der „Thäter"“
zurechnungsunfähig oder die That ihm nicht zurechenbar wäre, so daß es auch einen
schuldlosen „Thäter“ im Sinn des Straf G. giebt, s. die §§ 51—54.
Schwierigkeiten macht die Abgrenzung der T. von der Beihülfe (vgl. Th. I.
S. 722). Thäter ist nach der meines Erachtens richtigen Anschauung derjenige,
welcher die sog. Haupthandlung begeht, d. h. diejenige Handlung, welche ohne Ver-
mittelung durch die dolose Thätigkeit eines Anderen, die Vollendung des Verbrechens
herbeiführen soll, während die Thätigkeit des Gehülfen gerade dadurch charakterisirt
ist, daß sie ihre Ergänzung erst durch die ausschlaggebende dolose Thätigkeit eines an-
deren (des Thäters) finden soll. Auch für bloße Versuche ist dieses Kriterium ent-
scheidend. Thäter eines versuchten Verbrechens ist derjenige, welcher mit dem Willen,
das Verbrechen selber der Vollendung zuzuführen, dasselbe auszuführen beginnt,
während der Gehülfe, der ihn dabei unterstützt, es ihm anheimstellt, die das Ver-
brechen zur Vollendung bringende Thätigkeit zu setzen.
In anderer Richtung wieder bedarf die Unterscheidung zwischen T. und An-
stiftung der Aufklärung. Die T. kann nämlich auch eine mittelbare sein,
ohne daß sie deshalb sich in Anstiftung verwandelt. Allerdings ist Thäter nur
derjenige, welcher die Vollendung des Verbrechens ohne dolose Vermittelung seitens
eines anderen herbeiführen will, aber darin liegt auch, daß es eine T. giebt, bei
welcher die Vollendung mittels einer nicht dolosen Thätigkeit eines anderen
bewirkt wird, und diese nennen wir mittelbare T. Sie kleidet sich nicht selten in
die Form der Anstiftung, ist aber gleichwol keine solche. Ueberall wo Jemand einen
Anderen absichtlich zur Herbeiführung eines Erfolges veranlaßt, dessen schuldhafte
Herbeiführung unter das Strafgesetz fällt, liegt mittelbare T. des absichtlich Veran-
lassenden vor, wenn der von ihm zur Handlung Veranlaßte dabei ohne den zum
Verbrechen erforderlichen Dolus gehandelt hat. Der Veranlaßte kann dabei gänzlich
schuldlos sein oder sich einer Fahrlässigkeit schuldig machen. Wer ein Kind, einen
Geisteskranken, Volltrunkenen, einen Menschen, der sich in unvermeidlichem Irrthum
über die üblen Folgen seiner Handlung oder darüber, daß er in einer Nothwehrlage,
in Nothstand sich befindet, zu einer an sich strafbaren Handlung, z. B. zur Tödtung
eines Menschen, verleitet, der ist mittelbarer T. dieser strafbaren Handlung. Ebenso
derjenige, welcher einen Anderen durch unwiderstehliche Gewalt oder lebensgefährliche
Drohung (Straf GB. § 52) zu einer (strafbaren) Handlung zwingt. Desgleichen
endlich auch derjenige, welcher einen Anderen durch Erregung oder Benutzung eines
Irrthums zur Verübung einer strafbaren Handlung verleitet, falls der Irrthum des
letzteren ein vermeidlicher war und demselben strafbare Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Wenn A den B verleitet auf einen Menschen zu schießen, unter der Vorspiegelung,
es sei ein Thier, so ist A mittelbarer Thäter der erfolgten Tödtung, die ihm zum
Dolus zuzurechnen ist, also Mörder oder Todtschläger, B ist überhaupt nicht strafbar
oder, falls sein Irrthum ein vermeidlicher war, unmittelbarer Thäter einer fahrlässigen
Tödtung. Wenn der § 48 denjenigen als Anstifter bestraft wissen will, welcher
einen Anderen zu der von demselben begangenen strafbaren Handlung durch absicht-