Thronlehen — Tilius. 887
Thronlehen. In Beziehung auf die Reichslehen unterschied man sehr genau-
die T. von sog. geringeren Lehen: erstere wurden vom Kaiser in eigener Person,
letztere vom Reichshofrath verliehen; es gab Fürstenlehen, welche doch nicht T.
waren (Häberlin, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, III. 304, 10; vgl. auch
H. Schulze, Aus der Praxis des Staats= und Privatrechts, S. 152 ff.). In
ähnlicher Weise wurde bei den Lehen unterschieden, über welche einem Landesherrn
die Lehnsherrlichkeit zustand. In Bayern z. B. wurden die Mannlehen der Krone
eingetheilt in T., die vom Könige selbst, und in Kanzleilehen, welche im Namen
des Königs vom obersten Lehnshofe verliehen wurden; zu den ersteren gehörten
gewisse thronlehnbare Würden und jene Güter, mit deren Besitz die fürstliche oder
gräfliche Würde verbunden war (Mayr, Lehnrecht, § 3). Auch in Preußen wurden
nicht alle von der Krone zu Lehen gehenden Besitzungen als T. angesehen und be-
zeichnet, sondern nur diejenigen, welche (wie z. B. die Fürstenthümer Oels, Sagan,
Krotoschin, die Grasschaft Wittgenstein) durch ihre beträchtliche Ausdehnung eine
besondere Wichtigkeit und durch den höheren Stand ihrer Besitzer einen besonderen
Anspruch auf Berücksichtigung des Lehnsherrn hatten; die Eigenthümlichkeit dieser
T. im Gegensatz zu allen anderen Kronlehen bestand nach der Praxis darin, daß
die Belehnung unmittelbar bei den die Lehnskurie bildenden Ministerien nachgesucht
und empfangen werden mußte (vgl. die Erklärung der Regierung in Rönne's
Verfassungsurkunde, 3. Ausg. S. 231). Es ist auch jetzt noch von Wichtigkeit,
sich solcher Unterscheidungen bewußt zu bleiben, da nach manchen der neueren Ver-
fassungsurkunden und Allodifikationsgesetze die sonst für alle Lehen angeordnete Auf-
hebung des lehnsherrlichen Rechtes bei den eigentlichen T. ausgeschlossen ist. So
namentlich in Preußen. Nach Art. 40 der Verf. Urk. ist zwar die Errichtung von
Lehen untersagt und die bestehenden Lehen sollten durch gesetzliche Anordnung in
freies Eigenthum umgestaltet werden, aber diese ganze Bestimmung sollte nach Art. 41
auf die T. keine Anwendung finden. Im Gesetz vom 2. März 1850 wurde dann
wieder bestimmt, das Obereigenthum des Lehnsherrn werde bei allen innerhalb des
Staats belegenen Lehen aufgehoben, jedoch mit alleiniger Ausnahme der T. Als
darauf im Jahre 1852 über die Aufhebung der Art. 40 und 41 der Verf. Urk.
berathen wurde, erkannten die Kammern sowol als die Regierung an, daß die T.
von der Verfassung nicht berührt seien, daß also weder die Umgestaltung der be-
stehenden T. erfolgen müsse, noch die Errichtung neuer unzulässig sei, und die
Regierung äußerte sich insbesondere dahin, daß erhebliche politische Gründe für die
Schonung des Instituts im Interesse der Krone gegeben seien, die nicht weniger
stark für die Möglichkeit der neuen Begründung solcher Verhältnisse — z. B. durch
Auftragung von Herrschaften zu T. — als für die Fortdauer der bereits bestehen-
den sprächen (v. Rönne, a. a. O. 231). Aus den damals gepflogenen Berathungen
ist das Gesetz vom 5. Juni 1852 (Ges. Samml. S. 319) hervorgegangen, nach
welchem ebenfalls das Fortbestehen der vorhandenen und die Möglichkeit der Er-
richtung neuer T., auch der Verleihung von Aemtern als solchen, anerkannt ist.
Die wichtigeren in Preußen vorhandenen T. sind aufgezählt bei v. Rönne, Staats-
recht, § 95 (3. Aufl. Bd. I. 1 S. 188); die auf dieselben bezüglichen Angelegen-
heiten gehören zum gemeinschaftlichen Ressort der Minister des Inneren und der
Justiz. — Ueber die Verhältnisse in anderen Deutschen Staaten vgl. Zöpfl,
Staatsrecht, II. §§ 522—525 und Zachariä, Staatsrecht, II. § 214, wo aus-
führlich von den Staats= und Kammerlehen und den dieselben betreffenden neuesten
Allodifikationsgesetzen gehandelt wird. Franklin.
Tilius, Jean Dutillet, 35 zu Paris, war Protonotar des Kardinals von
Lothringen, Bischof von Saint-Brieuc, 1564 von Meaux, 7 1570.
Schriften: Chronicon de regibus Francorum, Par. 1548, 1570. — Libelli Salicam
legem continentess 1573. — Traité sur le symbole des apotres, Par. 1566. — Traité
de la religion chrétienne, Par. 1567. — Traité de la messe, Par. 1567. — Ausgabe des