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Bei Annahme der sechs Jahre wird alle sechs Jahre der Uebelstand, den ich
bezelchnet habe, zutreffen, alle sechs Johre würde zugleich gewählt für den
Preußischen Landtag und für den Relchstag, während bei unserem Amende-
ment der Uchelstand nur alle fünfzehn Jahre stattfinden wird. Erst
im fünfgchnten Jahre werden die Wahlperloden des Reichstages und
des Landtages mit fünf Mal drei Jahren zusammentreffen und
daß das ein entschiedener Vorzug ist, meine Herren, das wird keiner
näheren Ausführung bedlirfen. Das verehrte Miltglied für Osnabröck hat
gesagt, wir lebten in einer „rasch lebenden Zeit“; ja, meine Herren,
das thun wir. Aber wenn die Voraussetzung, worln ich ihm beipflichte,
zutrifft, dann haben wir um so mehr dahin zu streben, daß wir
in dleser Zeit gewisse wesentliche feste Punkte gewinnen, und
als solchen erheblichen festen Punkt betrachte ich die Consequenz der An-
sichten des Reichstages, die Ausbildung einer sesten Meinung
in der Vertretung der Deutschen Staaten, wie sie im Reichstage
stattfindet, daß sie nicht heute nach rechts und morgen nach links schwankt,
sondern daß sie sich zu einer festen Gestaltung ausbildet. Und das, meine
Herren, ist um so nothwendiger, wenn es sich um den Beginn eines Werkes
in einer Vertretung handelt, wie wir sie jetzt durch unsere Berathung be-
gründen. Daß das Werl im Anfange noch unendliche Schwierigkeiten haben
wird, daß wir an der Verfassung noch viel zu zimmern und auszubilden
haben werden, darliber werden wir Alle einverstanden sein. Je nothwendiger
das ist, melne Herren, um so nothwendiger ist es aber auch, auf der anderen
Seite, ein ewiges Schwanken auf dem Reichstage zu verhüten. Wenn Sie
die Wahlperlode verlängern, so tragen Sie erheblich dazu bei, daß diese Un-
stetigkeit nicht im Reichstage bleibt, wie es in den Einzellandtagen erfoh-
rungsmäßig der Fall gewesen ist. Und dann weiß ich nicht, wie der ge-
chrte Abgeordnete für Osnabrick speriell mich einer Inconsequenz be-
schuldigen will, daß ich die Thätigkeit des Reichstages vorzugsweise,
wenigstens für jetzt, auf die Mitwirkung in der allgemeinen Politik,
in den Fragen der äußeren Politik und des Kriegswesens, und anderer-
sccts auf die Herbeifhhrung der Verkehrsfreiheit beschränken wollte.
Melne Herren! Ich habe damit doch nichts Neues gesagt, das ist keine
Erfindung von mir, lesen Sie den Verfassungsentwurf von An-
fang bis zu Ende, so müssen Sie mir darin Recht geben, daß nach dem
Vorschlage der verblindeten Regierungen die Thätigkeit des Reichstages, Üüber-
haupt der Bundesgewalt, vorläufig auf diese Fragen beschränkt sein soll.
Und unsere bisherigen Modificationen haben in der Sache nichts Wesent-
liches geändert. Ich stehe also noch vollständig auf dem Stand-
punkte des Entwurfes, weun ich diesen Satz vertrete; und von dlesem
Standpunkte aus liegt in keiner Weise ein Widerspruch in meinem Amende-
ment. — Da es die Hauptaufgabe sein wird für den Norddeutschen
Bund, eine Existenz in Europa zu gewinnen, ein Schrecken zu