Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

112 NKeichsiog. 
Bei Annahme der sechs Jahre wird alle sechs Jahre der Uebelstand, den ich 
bezelchnet habe, zutreffen, alle sechs Johre würde zugleich gewählt für den 
Preußischen Landtag und für den Relchstag, während bei unserem Amende- 
ment der Uchelstand nur alle fünfzehn Jahre stattfinden wird. Erst 
im fünfgchnten Jahre werden die Wahlperloden des Reichstages und 
des Landtages mit fünf Mal drei Jahren zusammentreffen und 
daß das ein entschiedener Vorzug ist, meine Herren, das wird keiner 
näheren Ausführung bedlirfen. Das verehrte Miltglied für Osnabröck hat 
gesagt, wir lebten in einer „rasch lebenden Zeit“; ja, meine Herren, 
das thun wir. Aber wenn die Voraussetzung, worln ich ihm beipflichte, 
zutrifft, dann haben wir um so mehr dahin zu streben, daß wir 
in dleser Zeit gewisse wesentliche feste Punkte gewinnen, und 
als solchen erheblichen festen Punkt betrachte ich die Consequenz der An- 
sichten des Reichstages, die Ausbildung einer sesten Meinung 
in der Vertretung der Deutschen Staaten, wie sie im Reichstage 
stattfindet, daß sie nicht heute nach rechts und morgen nach links schwankt, 
sondern daß sie sich zu einer festen Gestaltung ausbildet. Und das, meine 
Herren, ist um so nothwendiger, wenn es sich um den Beginn eines Werkes 
in einer Vertretung handelt, wie wir sie jetzt durch unsere Berathung be- 
gründen. Daß das Werl im Anfange noch unendliche Schwierigkeiten haben 
wird, daß wir an der Verfassung noch viel zu zimmern und auszubilden 
haben werden, darliber werden wir Alle einverstanden sein. Je nothwendiger 
das ist, melne Herren, um so nothwendiger ist es aber auch, auf der anderen 
Seite, ein ewiges Schwanken auf dem Reichstage zu verhüten. Wenn Sie 
die Wahlperlode verlängern, so tragen Sie erheblich dazu bei, daß diese Un- 
stetigkeit nicht im Reichstage bleibt, wie es in den Einzellandtagen erfoh- 
rungsmäßig der Fall gewesen ist. Und dann weiß ich nicht, wie der ge- 
chrte Abgeordnete für Osnabrick speriell mich einer Inconsequenz be- 
schuldigen will, daß ich die Thätigkeit des Reichstages vorzugsweise, 
wenigstens für jetzt, auf die Mitwirkung in der allgemeinen Politik, 
in den Fragen der äußeren Politik und des Kriegswesens, und anderer- 
sccts auf die Herbeifhhrung der Verkehrsfreiheit beschränken wollte. 
Melne Herren! Ich habe damit doch nichts Neues gesagt, das ist keine 
Erfindung von mir, lesen Sie den Verfassungsentwurf von An- 
fang bis zu Ende, so müssen Sie mir darin Recht geben, daß nach dem 
Vorschlage der verblindeten Regierungen die Thätigkeit des Reichstages, Üüber- 
haupt der Bundesgewalt, vorläufig auf diese Fragen beschränkt sein soll. 
Und unsere bisherigen Modificationen haben in der Sache nichts Wesent- 
liches geändert. Ich stehe also noch vollständig auf dem Stand- 
punkte des Entwurfes, weun ich diesen Satz vertrete; und von dlesem 
Standpunkte aus liegt in keiner Weise ein Widerspruch in meinem Amende- 
ment. — Da es die Hauptaufgabe sein wird für den Norddeutschen 
Bund, eine Existenz in Europa zu gewinnen, ein Schrecken zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.