Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 24. 25.26 Euleuburg. 121 
ausdrücken, ängstlich zu werden, daß Einer oder der Andere hinsehen 
möchte nach seiner Wählerschaft in der Sorge, ob bei der Neuwahl 
wohl wieder die Stimmen ihm zufallen würden, gerade dann wird häufig 
der richtige Moment sein, die Auflösung des Parlaments ein- 
treten zu lassen, um Schwankungen in den Meinungen der Ein- 
zelnen und folgeweise auch dem Parlamente keinen Spielraum 
offen zu lassen. (Bravo! rechts.) Den Ausslrungen des Abgeordneten 
für Oenabrllck gegenüber haben zwei andere Redner, die vorhin gesprochen 
daben, die wefentlichsten Momente bereits berührt. In dieser Bezlehung 
habe ich nur eine kurze Nachlefe zu halten. Ich gehe günzlich hinweg über 
all das große Material von Hintergedanken und Nebenzwecken, die der 
Herr Abgeordnete den Vertheidigern dieser Meinung beigemessen hat. Ich 
meinerfeits fühle mich vollkommen frei davon. Die Gründe, die mich 
bestimmen, für das Amendement zu sein, sind, ich habe es schon angedeutet, 
nach zwei Richtungen hin folgende: Ich finde in demselben eine wefent 
liche Garantie für die gründlichere und bessere Erledigung der 
Geschäfte, welche dem Parlamente obliegen, und für die größere Stetig- 
keit der Entwickelung in politischer Beziehung. Meine Herren! Ee ist da- 
gegen gefagt worden von dem Abgeordneten für Osnabrück, es sei zu befor- 
gen, daß wenn die Legielaturperioden für den Reichstag weit auseinander. 
gungen mit denen der einzelnen Landesvertretungen, insbesondere des 
Preußischen Abgeordnetenhauses, die Gefahr eines Dissenfes zwi- 
schen diesen Körperschaften sich stelgere. Ich kann das zunächst 
nicht zugeben. Das kann bei kurzen Legislaturperioden eben so gut 
eintreten, wie bei langen. (Sehr richtig! rechte.) Aber, meine Herren, 
wo bei folchem Difsense das Gewicht hinfällt, das liegt wesent- 
lich in der Zusammensetzung und in der Bedeutung, welche eine oder 
die andere dieser Körperschaften für sich in Anfpruch nehmen kann, und in- 
dem wir für den Reichstag die längere Legislaturperiode eintreten lassen 
wollen, wollen mit ihm ein erhöhtes Gewicht, seinem Urtheil eine um so 
größere Bedeutung beilegen. Glauben Sie nicht — und darauf ist von 
einem anderen der Herren Redner hingewiesen worden — daß wir une etwa 
bestimmen lassen könnten für einen folchen Vorschlag aus der Rücksicht auf 
die gegenwärtige Zusammenfetzung des Reichstags. Nein, meine Herren, wir 
wissen sehr wohl, daß wenn wir hier Beschlüsse fassen, es sich um ein Werk 
von langerer Dauer handelt und daß nichts bbler angebracht würe, alse sich 
durch momentane Erfolpe in dergleichen Dingen bestimmen zu laffen. Aber 
eben deshalb, weil es für die Zukunft berechnet ist, darum müssen wir 
feste Garantien haben, dah die Entwickelung auch in der richtigen und 
stetigen Bahn sich bewege. Wollen Sie das, meine Herren, — wie es 
oon dem Herrn Grafen Schwerin acceptirt worden ist, was ich aber nicht 
unbedingt thun kann, — wollen Sie das ein Mißtrauen gegen das all- 
gemeine Wahlrecht nennen — so muß ich Ihnen das freilich an-
	        
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