Artilel 28. Harnier. 131
ausgesprochen, dab in jedem Falle, wo es auf Feststellung der Beschluß-
sähigleit ankommt, zuvor sestgestellt werden müßte, wieviel die Gesammtheit
der eingetretenen Mitglieder sei, wie viel also an dem Tage die Mehrheit
sei, denn die Zahl der eingetretenen Mitglieder ist ja dem Wechsel unter-
worsen durch Verminderung, näulich durch Tod, Niederlegung des Man-
dats, oder durch Vermehrung, durch Nachwahlen. Schon diese Rücksicht
empfiehlt wohl den Vorschlag. Außerdem enthält aber dieser Vorschlag auch
einc, wie ich glaube, nothwendige und richtige Garantie dagegen, daß etwa
unter außerordentlichen Verhältnissen, wo die Zahl der wirklich vorhandenen
Mitglieder allzusehr gesunken wäre, ein Bruchtheil des Reichstags zuständig
wäre zur Fassuug oon Beschlüssen, denen dann doch das nöthige Gewicht,
für welches die Thellnahme einer größeren Anzahl Mitglieder einer größeren
Versammlung ersorderlich ist, sehlen würde. Dies, meine Herren, sind im
Wesentlichen die Gesichtspunkte, welche uns dazu geführt haben, diesen Ab-
##nderungsoorschlag zu stellen. Meiue Herren! Es ist dies ein Abänderungs.
vorschlag nicht eigentlich so sehr von politischer, als von geschäftlicher Art.
Es ist ein Abänderungsoorschlag, der, wenn ich anknlpfen darf an das gestern
von dem Herrn Präsidenten der Bundescommissarien gebrauchte Beispiel,
gewiß vou Niemandem für einen Stein gehalten werden kann, der unbe.
sehen in ein Fenster hineingeworfen wird. Ich glaube, meine Herren, es ist
ein Abänderungsvorschlag, der wohl auf die Billigung des hohen Reichstages
hoffen darf, und ich empfehle Ihnen die Annahme desselden.
Bei der Abstimmung wurde die Einschaltung durch Mehrheit
beschlossen, und sodann edenso der Artikel des Eutwurfs mit dieser
Einschaltung angenommen.“)
Fur die Schlußberathung war ein Amendement Haberkorn dahin
eingekommen, dem Artikel 28 noch zwei neue Artikel anzufligen, lautend:
„Artikel a. Zur Verwerfung eines Gesetzvorschlages ist er-
sorderlich, daß zwei Dritttheile der in der Sitzung anwesenden
Reichstagsmitglieder für die Verwerfung gestimmt haben.“
„Artikel b. Wird ein von dem Reichstag mit Adänderungen
angenommener Gesetzentwurf oom Bundespräsidium nicht genehmigt,
so kann solcher entweder ganz zurückgenommen, oder vorher noch
einmal während desselben Reichstags mit Widerlegungegründen in
der vorigen Weife, oder auch mit oom Bundespräsidium seldst vor-
zuschlagenden Abänderungen an den Reichstag gedracht werden. In
delden Fällen steht dem Bundespräsidium frei, die undedingte Er-
klärung über Annahme oder Ablehnung desselben zu verlangen.““)
%SEi. Ber. S. 407.
") Dr.-S. u. 119.