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Wurzel, nach meiner Ansicht, das allgemeine Stimmrecht ist, und
aus dem ja als natürliche Folge der Cäsarismus hervorzugehen
pflegt, ist immer das der Ungerechtigkeit und der Machtlosig-
keit gewesen. Jedenfalls aber, meine Herren, haben wir nun das all-
gemeine Wahlrecht mit geheimer Abstimmung. Wlr werden uns darin fin-
den müssen. Aber, meine Herren, unsere Pflicht, denke ich, wird nun
die sein, die verderblichen Wirkungen, die es so oft gehabt hat, nach
Krästen zu mäßigen und, wenn wir vielleicht einmal zu einer Gemeinde-
Ordnung gelangen werden, die, weil sie auf gerechten und den factischen
Verhältnissen entsprechenden Grundlagen beruht, sich als eine sichere und
feste Stütze, sowohl für die Ordnung als für die bürgerliche Freiheit er-
weisen wird, uns alsdann den Wegoffen zu erhalten, zu einem besseren,
gesunderen und, wie ich mir hinzuzusetzen erlaube, zu einem vernünf-
tigeren Wahlgesetze m gelangen. Nun, meine Herren, das einzige
Mittel, welches Sie melnes Erachtens zu der Mäßigung jener Üblen
Wirkungen des allgemeinen Wahlrechtes noch in Händen haben, nachdem
Sie gestern auch die längere Wahlperiode abgelehnt haben, dies einzige Mittel
ist, wie ich denke, noch die Diätenlosigkeit der aus dem allgemelnen
Wahlrrcht hervorgehenden Abgeordneten. Denn sollten Sie auch noch, was
ich nicht hoffe, Diäten für diese Abgeordneten beschließen, dann, fürchte ich,
würden Sie sich diese Näume bald süllen sehen mit solchen Volksfreunden,
von denen Plato spricht und über ihre Volkefreundschaft sagt, daß sie nur
darin bestände, daß sie versicherteu, es wohl zu meinen mit dem Volke, und
diesen Versicherungen nachzukommen suchten nicht auf ihre Kosten. Dann
würden Sie es vielleicht erleben, daß z. B. die verehrten Abgrordneten für
Berlin auf wenig zahlreichen Bänken der äußersten Rechten sößen und daß
dieselben von ihren im Liberalismus so sehr weiter vorgeschrittenen Collegen
vielleicht Reactionaire, vielleicht sogar Feudale genaunt würden. (Heiterkelt.)
Meine Herren! Wenn Sie Dläten für die Abgrordneten, wie sie eben aus
dem allgemeinen Wahlrecht hervorgehen werden, beschließen sollten, dann halte
ich mich überzeugt, Sie werden genau dasselbe thun, was die Athener thaten,
als sie die Theilnehmer ihrer Volksversammlungen für ihre Mühwaltung,
für ihre Versäumniß in den Werkstütten auch noch bezahlten. So, wie das
Wahlgesetz besch iffen ist, so wird im Laufe der Zeiten auch das Parlament
werden, das aus ihm hervorgeht, und wie die Parlamente beschaffen sein
werden, so wird im Laufe der Zelten auch die ganze Gesetzgebung werden,
die aus diesen Parlamenten hervorgeht. Nun, meine Herren, ich denke, Sie
werden auch nicht auf die fortgeschrittene Bildung des 19. Jahrhunderts
provociren wollen und der Meinung sein, daß diese es sein wird, die uns
vor all solchen Gesahren hinlänglich bewahren wird. Sie werden sich der
Worte Washingtons erinnern, die derselbe jenen jacobinischen Sendlingen,
die ihn des Mangels an Freisinnigkeit bezichtigten und gegenüber seinen Be-
denken gegen das, was sie Liberalizmus nannten, die Bildung damals des