Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Ariilel 32. Wagener. 143 
Versagung der Diäten Hand in Hand gehen ließe! (Pört! Hört!) Es ist 
auch gesagt, meine Herren, die Versagung der Diäten würde, wenn ich recht 
verstanden habe, einen ungleichen Zustand schaffen zwischen denjeuigen, die 
oon weit her zu reisen hätten, und denen, die etwa hier in Berlin wohnen. 
Ich glaube nun aber, der Herr, welcher dieses Argument geltend gemacht hat, 
hat wohl diesen Gedanken nicht ganz zu Ende gedacht, sonst würde er sich 
haben sagen müssen, daß die Ungleichheiten, die aus dem Erscheinen der 
Herren in diesem Hause heroorgehen, überhaupt durch Diäten gar nicht aus- 
geglichen werden können. Ee giebt ja mauche Personen, die Überhaupt nichte 
zu versäumen haben, hingegen aber auch solche, die sehr viel versumen, 
wenn fie hier erscheinen, wie wollen Sie denn das ausgleichen? Ich bitte 
sich doch die Frage vorzulegen, wie viel Diäten wir zum Beispiel unserem 
verehrten Herrn Gollegen Meier aus Bremen oder dessen jetzt nicht anwe- 
sendem Nachbar, dem Herrn Baron oon Rothschild bewilligen müßten, wenn 
wir ihm alles das ersetzen wollten, was ihm vielleicht dadurch entgeht, daß 
er sich nicht in Bremen oder Frankfurt in seinen Geschästen befindet! (Große 
Heiterkeit. Sehr richelg!) Meine Herren! Diese Ungleichheiten werden nicht 
ausgeglichen, die kann man eben nicht ausgleichen. Ebenso wenig greist das 
Argument durch, wenn man sagt, es liege in der Versagung der Diäten 
ein gewisser Censos. Ja, meine Herren, selbst wenn Sie Diäten bewilligten, 
würden Sie über einen gewissen Census doch nicht hinaus kommen. Sie 
würden wahrscheinlich einen der Mode nicht ganz fremden, anständigen An- 
zug verlangen und würden auch oerlangen, daß der, welcher hierher reisen 
will, wenigstens über so viel baare Mittel disponirt, daß er die Reisekosten 
und die Kosten eines einmonatlichen Ausenthalts hier tragen kaun. Das ist 
auch Census. Auf dieser Welt ist alles Cenfus. Frühstück und Miuag- 
brod und Abendbrod, das richtet sich Alles danach, meine Herren, was man 
für einen Geldbeutel hat, um danach muß man auch seine Functionen im 
öffentlichen Leben einzurichten und respective zu beschränken wissen. (Oh, ohl 
links.) Aber, meine Herren, der eigentlichste und wesentlichste Grund für 
mich ist der: Wie denken sich eigentlich die Herren, die stets von Selbst- 
regierung und von Ehrenämtern sprechen, wie deuken sie es sich eigentlich, 
zu solchen Institutionen zu gelangen, solche Justitutionen zu begründen, 
wenn fie sich nicht scheuen, die Krone und den Abschluß alles öffeutlichen 
Lebens aus eine ganz andere Basis zu stellen. (Scthr richtig! rechto.) Meine 
Herren! Zwei verschiedene Systeme können in einem Staate und in einem 
vande nicht herrschen. Entweder man muß das System der Selbstregierung 
und das System der Ehrenämter ernsthaft, d. h. durch alle Instanzen wollen, 
oder man muß es gar nicht wollen. Man mußb daun auch nicht damit de- 
dütiren, meine Herren; denn ein System kann, wie gesagt, nur hersschen. 
und von zwei verschiedenen Systemen wird stets das stärkere das kleinere 
verzehren. Wir sehen das, meine Herren, in unseren Verwaltungszuständen. 
Laffen Sie mich, von meinem Standpunkte aus, gauz offen darüber sprechen.
	        
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