Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

176 Zoll · und Handelswesen. 
keit und zu so allseitiger Besriedigung geführt werden, wie dort. Fast kein 
Schiff geht von Hamburg aus, das nicht einen Theil seiner Ladung aus 
Altona empfangen hätte, keine vadung kommt in Hamburg an, an welcher 
nicht die andere Stadt auch einen Antheil hätte. Die Börse ist beiden ge- 
meinschaftlich. Die Handelsstatistik Altona's liegt zum großen Theil mit in 
derjenigen Hamburgs. Das sind einige allgemeine Elemente, aber fü#r die 
praktische Ausführung einer Scheidung der beiden Städte kommen andere in 
Betracht. Wenn Jemand von Hamburg nach Altona hlneinfährt, so wird 
er gar nicht wissen, wo die eine Stadt aufhört und die andere anfängt, 
wenn ihn nicht Jemand darauf aufmerksam macht; denn die Häuserreihe 
ist ununterbrochen. Es findet ein so lebhafter Verkehr zwischen beiden Plätzen 
statt, daß, abgesehen von der Eisenbahn, die zwischen beiden Städten besteht, 
eine einzige Omnibuelinie — von zwei anderen, die auch existiren, fehlen 
mir die Data — 615,000 Menschen in einem Jahre hin und her besördert. 
Will man dle anderen Linien und den sonstigen Wagenverkehr auch noch so 
gering anschlagen, so giebt das mindestens eine Million, und nehmen Sie 
die Fußgänger hinzu, so kommen Sie wenigstens auf zehn Millionen, was 
circa 15,000 per Tag macht. Wo wollen Sie ein Zollpersonal hernehmen, 
welches, abgesehen von den sonstigen Zollabfertigungen, 15,000 Passagiere 
jeden Tag untersuchen und abfertigen kann? Sie wllden eine Verkehrs- 
störung hervorbringen, die unendlich groß sein und eine vollkommene Stockung 
herbeiführen wlirde. Aber Sie würden noch etwas viel Schlimmeres thun, 
Sie würden zugleich einen Schmuggel hervorrufen, der gar nicht zu verhin- 
dern wäre, weil er überaus gewinnbringend sein würde. Ueber die demora- 
lisirende Wirkung desselben wird es keiner Bemerkung bedlirsen. Wenn aber 
der Landverkehr schon schwer zu controliren ist, wie viel mehr noch der 
Schlffahrtsverkehr. Die beiden Häsen an der Elbe, dem gemeinschastlichen 
großen Strom, fließen ebenso in einander, wie die beiden Städte. Der 
Schifffahrtsverkehr würde gar nicht zu controliren sein, und der Altonaer 
Hafen würde sofort verödet und verlassen werden. Die 70—80 Dampf- 
schiffe, die, außer zahlreichen Segelschiffen, jährlich allein zwischen Altona 
und Norwegen hin= und hergehen, würden nach Hamburg, und nicht mehr 
nach Altona gehen. Die ganze Dampsflotille von Kohlenschissen würde sich 
ebenso dorkhin ziehen. Die ganze Reihe der Speicher, die an der Elbe ent- 
lang gebaut sind, würde leer stehen, das Grundeigenthum im Werthe sinken, 
die Stauerkrast geschwächt werden. Meine Herren, das sind lauter praktische 
Voerhälmisse, die man aus eigener Anschauung kennen muß, um sie vollständig 
zu würdigen. Ich möchte den Herrn Vorredner auffordern, sich einmal das 
VergnÜgen zu machen, dorthin zu reisen. Ich glaube übrigens, daß die 
Bundesregierungen sich leicht davon Uberzeugen werden, daß die empfohlene 
Scheidung Hamburgs und Altonas unmöglich ist. Für die Königlich Preußische 
Regierung kommt noch ein anderes besonderes Interesse in Betracht. Altoua 
ist die erste, nicht unbedeutende Handelsstadt, welche Preußen an der Nordser
	        
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