Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilei 34. Slomann. 187 
jene große prineiplelle Frage, ob Freihandel oder Schutzollk, 
mit der vorliegenden nichts gemein hat. Entweder das eine oder 
das andere System können Sie bis in seine äußersten Consequenzen ausfüh- 
ren, ob die Hansestädte Freihafen sind, oder nicht — denn es wird Ihnen 
einleuchten, daß es ja ganz gleichgliltig sein kann, ob die Zollgrenze bei dem 
Bord des Schiffes oder den Pforten eines Entrepots oder bei der Grenze 
unsers kleinen Geblets, also einige 1000 Schritte davon anfängt. Ferner 
kann es einem großen Zollgebiet von einigen 30 Millionen doch nicht dar- 
auf ankommen, ob einige 100,000 Consmuenten sich mehr oder weniger darin 
befinden, zumal wir noch für die Zollbefreiung durch das Aversum ganz 
genlgend die Staatskasse entschäüdigen werden. Auch bitte ich Sie, meine 
Herren, nicht zu vergessen, daß die Volkswirthschaft längst in die Rumpel- 
kammer vergangener Irrthümer die Ansicht geworfen hat, daß, wenn zwei 
Länder in Handelsbeziehungen zu einander stehen, nothwendigerweise das eine 
verlieren muß, was das andere gewinnt und daß mithin von vorn herein 
die Ansicht, daß die Hansestädte sich auf Kosten des Binnenlandes bereichert 
haben, doch eines weiteren Beweises bedars. In der Sache selbst, meine 
Herren, werden Sie die Thatsache bestütigt finden, daß in fast allen 
größeren Zollgebieten man sich sehr bald in die Nothwendigkeit 
bersetzt gefunden hat, zur Hebung des Handels, der Industrie und 
wiederum der gesammten materiellen Entwickelung dort, wo das 
Zollgebiet mit dem Meer und solglich mit dem Welthandel in 
Verbindung tritt, Frelhafen oder freie Niederlagen oder Entre- 
pots oder sogenannte Docks zu errichten. Alle diese vier Ein- 
richtungen sind so zu sagen Geschwisterkinder, sie verfolgen alle 
denselben Zweck, nämlich dem Handel ein Asyl zu geben, — wenn 
ich mich des Ausdrucks bedienen darf, — in welchem er sich srei von allen 
Zollbelästigungen bewegen und nach allen Richtungen hin ausdehnen kaan. 
So finden Sie denn auch in dem schutzzöllnerischen Oesterreich Triest, in 
Italien sinden Sie Genua und Livorno, in Frankreich Marseille und Havre, 
in Belglen Antwerpen mit dergleichen Einrichtungen ausgerlistet, und in 
England, wo man bekanntlich mit allen Handelseinrichtungen weit voraus 
ist, finden Sie in allen größeren Häfen die größten Docks. Es ist hier 
neulich schon von den großen Docks von Liverpool und London gesprochen 
worden. Meine Herren! Diese Docks bedecken ein Terrain, was zusammen- 
genommen vielleicht größer ist, ale unser ganzer kleiner Freistaat. Nun wird 
man doch nicht behaupten können, daß jene Einrichtungen nur im Interesse 
jener Plätze gemacht worden sind; im Gegenthell, meine Herren, sie sind 
hervorgerusen worden aus der Nothwendigkeit, aus den Erfordernissen des 
ganzen Landes. Wäre das nicht der Fall, so würde man unmöglich diese 
umfassenden Privilegien jenen Englischen Häfen elngerüumt haben und sie 
ihnen beständig noch einräumen, das ganze Land wllrde sich dort, wo ja die 
öffentliche Meinung sich laut genug machen kann, dagegen erhoben haben.
	        
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