Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

196 Zoll- und Handelswesen. 
Beispiel anführen. Er hat gesagt, es sei eine Unmöglichkeit, ein Eutrepot 
in den Hausestädten für die zollvereinsländischen Waaren herzustellen; er ha 
das wiederholt betont. Meine Antwort ist einsach: wir haben ein solches 
Eutrepot in Bremen seit 12 Jahren. (Hört! hört!) So würde ich noch 
eine ganze Menge solcher Beispiele anführen, ich will aber zu einem andern 
Gegenstande, den ich für sehr wichtig halte, Üübergehen. Man hat von Ham- 
burgischer Seite Schriften verbreitet und Broschlren geschrieben, wie noth- 
wendig es sei, und daß es gar nicht gehe, daß Hamburg nicht in den Zoll- 
verein eintrete. Wenn ich dieselben durchsehe und durchstudire, so kommt es 
mir vor, als wenn ich den Abklatsch derjenigen Broschüren und derjenigen 
Eingaben lese, die vor 12 Jahren in Berlin geschrieben wurden, wie Han- 
nover und Oldenburg dem Zollverein beitraten; auch damals erklärte man 
es für eine Unmöglichkeit, daß Bremen aus dem Zollverein bleibe, wir wür- 
den ruinirt werden, der finanzielle und der Handelsruin sei unabweisbar. 
Wir haben bei uns eine Vermögenssteuer, die wir gelegentlich zahlen, wenn 
wir Geld n#thig haben. So war im Jahre 1854 nach einer Selbstschätzung 
das Vermögen Bremens 80 Millionen Thaler, der Ruin, der uns voraus- 
gesagt war, bestand darin, daß im Jahre 1863, wo wieder eine solche Ver- 
mögenssteuer erhoben wurde, das Vermögen 127 Millionen betrug. (Hört! 
hört!) Das war der Ruin, der uns vorausgesagt war. (Heiterkeit.) Meine 
Herren, die freie Entwickelung des Handels ist es eben, was uns noth thut. 
Es ist nicht der Fall, daß die Deutsche Industrie dadurch leiden wird; im 
Gegentheil sie wird dodurch gehoben werden; und wenn man sagte, man 
kann es mit Entrepots in dem Import ebenso machen, so will ich noch eine 
Thatsache anführen. Das kleine Bremen, das auch von dem geehrten Mit- 
gliede für Harburg so nebenher behandelt worden ist, (Hört! hört!) ist der 
größte Weltmarkt für Taback. (Heiterkeit.) Erlauben Sie, meine Herren, 
wo ich hin will. Vor dreißig Jahren war es London; da waren die großen 
Entrepots, da war Handel und Schiffsahrt, da waren die großen Capitalien: 
wie kommt es, daß nun das kleine Bremen mit den damaligen wenigen und 
kleinen Capitalien sich zu dieser Höhe emporgeschwungen hat? Ich will es 
Ihnen sagen: es ist gekommen durch die Freiheit der Bewegung, durch die 
Arbeit, durch den Fleiß, den wir darauf verwandt haben, und daß wir un- 
beengt und unbeschränkt waren, Alles so einzurichten, wie der Consument es 
haben will, und seinen Wünschen nachzukommen. Wir sind bei einer ande- 
ren Sache auf demselben Wege. Das kleine Bremen hat im vorigen Jahre 
30,000,000 Psund Reis nach Amerika exportirt, von wo vor 30 Jahren 
aller Reis herkam. Jetzt kommt der Reis von Ostindien herein, wird in 
Bremen geschält (Heiterkeit) und verbreitet sich nun über die ganze Welt. Das 
ist ein eben solcheo Factum, das wir nicht erreicht haben würden, wenn wir nicht 
die sreie Bewegung hätten. Lassen Sie uns die freie Bewegung. Sie werden 
sehen, daß wir in Ihren Diensten gute Dienste leisten; Sie werden finden, daß es 
Ihr Interesse ist, uns diese freie Bewegung zu erhalten. (Allseitiges Bravol)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.