Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 53—56. Allgemeine Discussion. Meier. 233 
die Einrichtungen sind, mit dem einjährigen Freiwilligendienst, der analog 
in der Kriegsmarine eingeführt ist, doh wir mit den Examina, die festge- 
stellt sind in der Preußischen Verordnung, eine große Zahl von tüchtigen 
Seewehrofficieren erhalten, so billig und so gut, wie sie keine andere Nation 
hat und haben kann, so schaffen wir auf diese Weise in der Seebevölkerung, 
in den Capitainen eine ganz enorme Reserve, die im Falle des Krieges uns 
die Mittel giebt, einen Krieg mit derselben Promptheit und Raschheit auch 
zur See in's Leben zu rufen, wie wir es in so großartiger Weise im vori- 
gen Sommer zu Lande gesehen haben. (Bravo!l) Was den Bau der Schiffe 
anbetrifft, so bin ich der Ansicht, daß Deutschland bei der Errichtung einer 
Marine in einer ganz ungemein günstigen Lage sich befindet. Der Schiffs- 
ban von Kriegsschiffen ist in einem Uebergangsstadium, das nach meiner 
Ansicht nahezu vollendet ist. Wir haben nicht eine Masse alten Plunder 
tber Bord zu werfen, wie es bei andern Marinen der Fall ist, (Sehr richtig!) 
wir können die kostspieligen Erfahrungen der Franzosen, Engländer und 
Amerikaner uns zu nutze machen. Wir haben diese Erfahrungen, die enor- 
mes Geld kosten, nicht durchzumachen. Wir werden, sowie wir die Mann- 
schaften und namentlich die Officiere allmälich ausbilden, auch die Schiffe 
beschaffen und herstellen können, und ich meine, daß eine Marine, entspre- 
chend der Handelsmarine, welche allerdings dann die dritte der Welt sein 
wurde, wohl in Aussicht zu nehmen wäre. Jedenfalls, meine ich, sollte eine 
Marine geschaffen werden, die den Nordischen Mächten, Rußland selbst nicht 
ausgenommen, die Spitze bieten könnte, die so mächtig wäre, daß, weun die 
beiden Großmächte in Krieg gerathen, durch den Zutritt Deutschlands nach 
der einen oder der andern Seite hin der Ausschlag gegeben werden würde. 
(Sehr gut!) Ich weiß nicht, ob die hohen Bundesregierungen ein solches 
Ziel sich gesteckt haben. Ich wünsche es dringend, ich bin überzeugt, es ist 
verhältnißmähig ohne unsere finanziellen Kräfte übersteigende Mittel zu er- 
reichen. Was die Mittel anbetrifft, so ist in Preußen für das Jahr 1867, 
meine ich, etwa die Summe von 8,650,000 bewilligt, wovon ungefähr 
1,820,000 Thaler für laufende Ausgaben, und der Rest für einmalige Aus- 
gaben. Nehme ich an, daß durch die 5 Millionen Einwohner, welche hinzu- 
treten, dieses Ausgabebudget um ein Fünftel erhöht würde, so macht das 
eine Summe von 10 Millionen Thalern aus. Wird das während der 
nächsten 10 Jahre verwendet und vermehren sich im Laufe der Zeit die 
laufenden Ausgaben und vermindern sich natürlich die einmaligen Ausgaben, 
so würde mit einer solchen Summe unter den glinstigsten Vorbedingungen 
wirklich nahezu das geschaffen werden können, was ich in Aussicht gestellt 
labe. Fasse ich alle die Voraussetzungen, Verhältnisse und Umstände zusam- 
men, so bin ich der Ausicht, daß Deutschland in der günstigsten Lage ist, 
um eine seiner Machtstellung entsprechende Marine zu schaffen. Ich bin 
überzeugt, die Regierungen werden dieses Ziel mit Kraft und Energle ver- 
folgen. Möge der künftige Reichstag die hohe Wichtigkeit im vollen Umfange
	        
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