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es sei nicht mehr an der Zeit, Colonien zu schaffen. Er hat auch bei anderer
Gelegenheit nachgesragt, ob denn diese Colonien wirkliche Colonien oder bloß
Flottenstationen sein sollten. Nun, meine Herren, das ist doch etwas sehr
Verschiedenes von Colonien. Ich wüßte nicht, was die Flottenstationen mit
Colonien zu thun hätten, man mülte denn auf diesen Flotten- und Kohlen-
stationen Kohlenträger u. s. w. colonisiren wollen, was doch nicht die Ab-
sicht sein koann. Was die Colonien anbetrifft, so hätte der Herr selne Angst
vorläufig bei Seite lassen können. Es wird dem Norddeutschen Bunde nicht
gelingen, große Colonien zu erwerben, schon aus dem einfachen Grunde, weil
die Welt weggegeben ist, weil von Colonien nicht mehr die Rede sein kann.
(Sehr gut!) Justus Moeser hat in seinen patriotischen Phantasien mal gesagt,
wenn die Deutsche Geschichte nicht den unglllcklichen Gang der Zerkllistung ge-
nommen höätte, so würde ein Deutscher Rathsherr statt eines Englischen Lords
in Indien regieren. Nun, meine Herren, was einmal verloren ist, ist nicht
nachzuholen. Daß es aber nicht möglich sein sollte, unter Umständen unsern
Hondel zu befördern und hier und da eine Colonie zu erwerben, wenn auch
nur zu dem Zweck, um Kohlen= nud Flottenstationen herzustellen, das wüßte
ich nicht. Wir könnten irgendwo eine Insel oder dergleichen erwerben. Es
ist aber auch gar nicht unmöglich, daß wir auf andere Weise in den Besitz
von Colonien kommen. Wenn der König von Holland das Großherzogthum
bLuxemburg an Frankreich verkausen kann, dann kann der König von Holland
mit demselben rechtlichen und moralischem Gewicht auch das Königreich Hol-
land an Deutschland verkausen, (Sehr gut! Beisall) und dann würden
wir mit Holland zugleich eine Menge Colonien erwerben, von denen ich nicht
einsehe, warum wir une ihrer wieder entäußern sollten. (gebhostes Bravol)
Meine Herren, es wäre möglich, daß man sagte, das Eiutreten dieses Falles
sei nicht denkbar. Nun, meine Herren, dann wollen wir die Möglichkeit
anders setzen. Bekanntlich sind unsere Namensvettern, die Holländer, jetzt
aus uns sehr schlecht zu sprechen; es wäre möglich, daß dies aus einem ge-
wissen Neide auf unsere Größe hervorginge. Indessen diese Stimmung könnte
umschlagen. Unsere Vettern könnten sich vielleicht in späteren Jahren, ja
vielleicht bald ihrer Stammes- und Sprachverwandtschaft, ja ihrer Zugehörig-
keit zu uns auf das Lebhasteste erinnern. Dieses Gesühl könnte bei ihnen
so stark werden, daß sie wünschten, an uns annectirt zu werden, daß sie
wünschten, mit uus Eine Nation zu bilden. Es wäre immer eine Möglich-
keit, wir würden sie gewiß gern empfangen, und in diesem Falle wären wir
wieder in den Besitz einer Menge Colonien gelangt, die wir gewiß auf das
Beste verwahren würden. (Sehr gut! Heiterkeit.) Meine Herren, aus allen
diesen Gründen wäre es wünschenswerth, wenn der Reichstag auf die Flotte
das hoöchste Gewicht legte. Allerdings wird sich das nicht für so geringe
Kosten herstellen lassen, wie der Abgeordnete für Bremen meint; es wird
allerdings zur Herstellung einer großen Belastung bedürfen; indessen zunächst
wird es auch nur darauf ankommen, grade den Schutz des Handels in außer-