Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 67 68. Waldec. 277 
wenigstens eine große Militalrlast dem Lande in der Art zu ersparen, daß 
die gesetzliche Sanction nicht ertheilt wurde, und in Folge dessen höchst er- 
hebliche Ersparnisse gemacht werden mußten, weil die Bewilligungen nicht 
stattfanden nach dem Rechte, welches uns die Verfassung giebt. Ich weiß 
wohl, daß Viele diese Bemlhungen gering geachtet haben des factischen Nicht- 
erfolges wegen, aber sie waren wahrlich im rechtlichen Erfolge nicht gering. 
Wenn es wahr wäre, daß die Meinung dee Volkes sich darin geändert hätte, 
wenn es wahr wäre, daß die gegenwärtigen Wahlen hierüber ein anderes 
Resultat geben, so mag das bei derjenigen Kammer entschieden werden, die 
den Beruf hat, darüber zu entscheiden, und das kann nur der künftige Reichs- 
tag sein. Das hat auch Niemand anders verstanden, weil Niemand voraus- 
setzen konnte, daß diese Frage in einer Verfassung gelsst werden könne oder 
solle. Dies hler einzuflechten in den Artikel über die Militairgesetzgebung, 
hier zu sagen: es soll das factisch Bestehende anerkannt werden, das, meine 
Herren, ist etwas so Neues, etwas so Unerhörtes — kann ich wohl sagen — 
daß derjenige, der darauf eingeht und doch einsieht, daß dies Dinge von der 
größten Wichtigkeit sind, wahrlich vor dem Lande keine Entschuldigung haben 
wird. Vielen von unseren Mitgliedern aus den neuen Preußischen Pro- 
vinzen ist dies weniger bekannt, es ist wahrlich keine geringe Sache, ob der 
Einzelne sieben Jahre oder fünf Jahre zur Kriegereserve gehört, ob er nach 
der Art und Weise, wie jetzt das Gesetz ausgelegt wird, jederzeit bereit sein 
muß, in das stehende Herr einzutreten, auch bei irgend einer Kriegsbereitschast, 
die nicht gemäüß dem Gesetze von 1814 bei entstehendem Kriege, vielmehr 
nach der eingetretenen Usance willkürlich ausgesprochen wird. Doas ist ein 
Punkt, der in das Wohl der Einzelnen aus's Tiefste einschneidet. Der Ein- 
zelne, der die Blutsteuer dem Staate darzubringen hat, hat wohl Anspruch 
darauf, daß nur nach reiflicher Ueberlegung ein so großartiges Gesetz wie 
das von 1814 geändert werde (Bravo! links) — und wenn Jahre lang die 
Bolksvertretung zu dieser Genehmigung nicht hat gelangen können, wenn sle 
Gegenvorschläge gemacht hat, die nicht angenommen sind, wenn sle zum Bei- 
spiel auf Grund der zweijährigen Dienstzeit in manchen Vorschlägen sich 
bereit erklärt hat, Anderes nachzugeben, dann, meine Herren, ist es denn doch 
zu viel verlangt, wenn num die siebenjährige Dienstzeit, und zwar ohne alle 
Erwähnung von irgend einer Präsenzzelt, hier festgestellt wird. Der Herr 
Vorredner hat den Punkt der Präsenzzeit sehr dringend betont, er hat ge- 
wünscht, daß eine kürzere Präsenzzeit als drei Jahre stattfinde, cr hat acht- 
#ehn Monate sogar für genlend erachtet. Es ist eine uumögliche Sache, 
das hier einzuführen. Das Preußische Gesetz bestimmt jetzt drei Jahre; jene 
Compromißvorschläge standen deshalb schon auf einem sehr mißlichen Boden. 
Wollen. Sie nun aber an die Stelle der fünf Jahre die sieben Jahre stellen 
and nicht ein weiteres Wort sagen über die Präsenzzeit, wohl, so ist es ja 
Möglich, daß diese Präsenzzeit auch über die drei Jahre hinausgedehnt würde. 
Meine Herren! In dieser Hinsicht muß die Sache geordnet werden;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.