Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

278 Bundeekriegewesen. 
wir haben immer verlangt und es ist in jedem civilisirten Staate Sitle, daß 
dergleichen Dinge gesetzlich geordnet werden. Es ist hier ein Artikel 57 
in diesem Gesetz, der, wenn er eine leidliche Fassung hätte, möglicher Weise 
nach meiner Ansicht angenommen werden könnte. Ich habe mich hin und 
her bemüht, ob man diesem Artikel irgend eine andere Fassung geben könnte, 
um ihn annehmbar zu machen. Meine Herren, mit diesem Artikel wird die 
ganze Preußische Militairgesetzgebung eingeführt, und zwar inclusive aller Er- 
gänzungen, Erläuterungen, Rescripte und Reglements. Es ist Niemand, 
behaupte ich, in diesem Hause, der den Umsang dieses Artikels auch 
nur annähernd kennt. Ich kann selbst den Herrn Kriegsminister von 
diesem Niemand nicht ausnehmen (Heiterkeit. Oh! ohl rechts) — deun es 
ist nicht menschenmöglich, diesen Schwall von Reseripten und 
Erläuterungen, wie sie Gegenstand einer halben Bibliothek seit dem 
Jahre 1814 geworden sind, zu kennen. Wie in aller Welt wollen wir es 
deun rechtfertigen, diese Reglements, von deren vielen die Gesetzlichkeit bestrit- 
ten ist, auf einmal einzuführen, und dadurch diese bestrittene Gesetzlichkeit an- 
zuerkennen? Der Artikel ist auch vollkommen entbehrlich, um so mehr, als 
er nur den Ländern auserlegt, sie einzuflhren, also die Einführung selbst 
noch nicht sagt, vielmehr gewissermaßen in dieser Beziehung nur eine Pro- 
messe enthölt. Es kann und darf, glaube ich, auf so allgemeine Sachen nicht 
eingegaugen werden. Ich bekenne mich vollständig außer Stande, für diesen 
Artikel zu stimmen. Es ist von der andern Seite auch vollkommen hin- 
reichend, wenn wir das Gesetz einführen, das Gesetz, nach welchem andere 
bisher nicht ergangen sind, insofern die Stellung des einzelnen Staatsbür- 
gers, gegenllber der allgemeinen Wehrpflicht, bestimmt wird; es genügt, dieses 
Gesetz einzuführen; denn alles Andere wird allerdings Gegenstand der Ber- 
waltung für den Augenblick sein, der Bundesgesetzgebung für die Folgezeit. 
Vorgelegt aber muß nach unserer Ansicht dem nächsten Reichs- 
tag das werden, was das Preußische Abgeordnetenhaus mit im- 
menser Mojorität immer verlangt hat. Das ist das Heeres- 
Organisatlonsgesetz, wie es früher das Gesetz von 1819 gab. 
Ferner wurde verlangt ein Gesetz über die Art der Aushebung an 
die Stelle der Ersatz= Instructionen, die keine Gesetzeskraft haben, 
aber doch als Gesetz bei uns behandelt werden. Darüber muß in den Grund- 
zügen, wenn man mehr als zwanzig Staaten vereinigen will, die bisher diese 
Sache gar nicht hatten, nothwendig und zwar im nächsten Reichstage zu 
einem Resultate gelangt werden. Dieses Desiderat gehört in diese Verfassung, 
deun dieses Desiderat zeigt den positiven Weg, was zu thun ist. Sie können 
dann den Vorwurf nicht erheben, es sei von uns nur verneint worden, es 
sei das, was der Entwurf sagt, nicht angenommen, aber nichts Anderes an 
die Stelle gesetzt; denn hier wird das, was recht und gut ist, wirklich an 
die Stelle gesetzt. Ein anderer Punkt ist nun, daß die Zahl der jähr- 
lichen Aushebung durch ein Gesetz jederzeit festgestellt werden
	        
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