Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

282 Bundeekriegewesen. 
so ist durchaus nicht einzusehen, welches Hinderniß sein sollte, alle 
diese Sachen abzumachen im Laufe dieses Jahres, wie es noth- 
wendig sein würde. Denn im Laufe dieses Jahres muß nothwendig das 
Budget für 1868 festgestellt werden, da das Militair= und Marinebudget 
in seinen Einnahmepositionen, was gewiß so bleiben wird, die Zölle, die in- 
directen Steuern hat; da es sodann Bundessteuern für das folgende Jahr 
wahrscheinlich noch nicht geben wird, so versteht es sich ganz von selbst, daß 
die Einnahmen durch Martricularbeiträge würden gedeckt werden müssen. 
Auch das ist leicht zu machen. Ein solches Budget ist mit der leichtesten 
Mlhe aufzustellen, gerade dadurch, weil die Truppenkörper, schon organisirt, 
jetzt existiren. Dann aber bleiben die Rechte des künftigen Reichstages ge- 
wahrt; dann nimmt sich diese Versammlung, die nur den Charakter hat, 
eine Verfassung zu berathen, nicht heraus, ein Budget festzustellen. Dann 
verkennt sle ihren Charakter nicht so, daß sie nicht blos ein Budget feststellt, 
sondern auch jede Budgetfeststellung noch für die Zukunft unmöglich macht. 
Dann ist nach Außen die Stärke ganz eben so groß, wie sie überhaupt nach 
der Situation von der Regierung verlangt wird. Nach Innen aber ist diese 
dußere Stärke durch das Zustandekommen einer wirklich constitutionellen Ber- 
fassung so außerordentlich vermehrt, daß diese Vermehrung einer Verdoppe- 
lung des Heeres wahrhaftig gleichkäme. Meine Herren, es ist sehr Üblich, 
über diese Dinge von oben herab zu reden; es ist sehr Üblich bei den mili- 
tairischen Einrichtungen, den Geist, den Sinn der Nation wenig zu berück- 
sichtigen, und wenn große Erfolge stattgefunden haben, so mag das auch 
wohl eine gewisse Veranlassung haben. Allein das Abgeordnetenhaus hat 
schon in seiner Adresse auf die Thaten der Landwehr hingewiesen; es ist 
durchaus nicht zu verkennen, daß allerdings die große Zahl der Linientruppen 
in den Kämpfen, in Böhmen namentlich, das Wesentliche gethan haben, doch 
dic Existenz der Landwehr, und zwar der Landwehr zweiten Aufgebots, bie 
in deren höchste Jahrgünge man gegriffen hat, außerordentlich wichtig er- 
schien, um es erreichen zu können, daß das ganze Heer in Böhmen blieb, 
und Sachsen wie die Maingegenden mit Landwehrtruppen besetzt wurden, die 
sich vollstndig kriegsfähig erwiesen und das Zutrauen derjenigen Länder, wo# 
sie waren, zu Preußen erst recht befestigen oder hervorbringen konnten, wo# 
es noch fehlte. Man möge doch wahrlich nicht unterschätzen, welch' eine 
großartige Einrichtung uns durch die Landwehr gegeben ist, was es heißt, 
einem Volk bei der allgemeinen Dienstpflicht, die doch eine ungeheure Last 
an und für sich ist, ein solches Institut zu geben, wie die Landwehr, was 
es heißt, dadurch die Finanzen so sehr zu entlasten, und man möge sich daher 
wohl bedenken, ehe man Ja sagt zur Beseitigung der Landwehr. Dafür 
haben wir noch gar keine Erfahrung, denn, wie gesagt, unser letzter Krieg 
beruhte auf alten Principien. Es wird häufig gemeint, es läge dem 
Conflicte irgend ein Streit über die technisch militairische Einrichtung zu 
Grimde; das würde verkehrt sein, das ist auch nie und zu keiner Zeit ge-
	        
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