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nämlich: die Vertheidigung des Landes ist von einer so außerordentlichen Er-
beblichkeit, daß man es nicht riskiren kann, daß die Bolksoertrrtung einmal
in einer bestimmten Laune das ganze Budget in dieser Beziehung streicht.
Das könne man nicht wagen, und darum dürfe man der Volksvertretung
in Rücksicht auf das Militair das Budgetrecht nicht einräumen. Wir hal-
ten diese Einwendung für vollständig hinfällig, denn wenn sie
wohr wäre, so würde sie viel zu viel beweisen. Es würde daraus her-
vorgehen, daß man nicht nur in Rücksicht auf das Militair, daß man in
Rücksicht auf den ganzen Staat das Budgetrecht nicht einräumen darf;
denn mit demselben Recht könnte man sagen: was will der Staat machen,
wenn die Volksvertretung etwa einmal in einer bestimmten Laune verweigern
wollte, die Zinsen der Staatsschuld zu bezahlen? oder was wollte der Staat
machen, wenn in ihrer Laune die Volksvertretung es wagte, die Gehälter der
einmal Angestellten zu streichen? Daraus, meine Herren, sehen Sie, daß man
entweder das Budgetrecht überhaupt anerkennen muß oder Überhaupt verwer-
fen, daß man aber keinen besonderen Grund hat, gerade in Rücksicht auf dos
Militair eine Ausnahme zu machen. Die Sache mit dem Budgetrecht liegt
in Wahrheit so: keine Volksvertretung wird im gewöhnlichen Lauf
der Dinge die gewöhnlichen und nothwendigen Ausgaben des
Staates im Ganzen verweigern. Nur bei Einzelnem handelt es sich
darum, daß die Volkestimme eine Aenderung der Gesetzgebung verlangt, und
zu diesem Behufe ihr Budgetrecht anwendet. Also wenn wir hier zum
Beispiel das Militair nehmen, so darf man vollständig unbeforgt sein, daß
jemols das Geld für das Militair überhaupt verweigert wird; aber Sie
werden zugeben, doß es eingelne Punkte in Rücksicht auf das Militair giebt,
über welche die Volksvertretung nicht nur ein Urtheil haben kann, sondern
ein Urtheil haben muß, und wenn sie im Einzelnen das Budgetrecht nicht
mehr hat, so ist auch das Recht der Gesetzgebung verschwunden. Da wir
nun aber, meine Herren, nicht im Stande find, die Grenzen des Einzelnen
und Allgemeinen genau zu bestimmen, da es bis jetzt keinen Politiker gegeben
hat, der im Stande war, diese Grenzen anzugeben, so hat man mit Recht
in constitutionellen Staaten angenommen, daß man der Bolksvertretung das
Budgetrecht im Ganzen gewähren muß. Eins freilich muß ich Ihnen zu-
geben. Diese Argumentation gilt nur für gewöhnliche Zustän de.
Ich gebe zu, daß es Zeitpunkte der Aufregung geben kann, soo eine
größere Gefahr vorliegt, es kann eine Zeit der Bewegung kommen,
wo Alles unberechenbar ist. Das ist die Zeit der Revolution, die
Zeit, die im Vslkerleben eben so gut von Zeit zu Zeit einmal kommt und
eben so gut gekommen ist, wie das Leben der gewöhnlichen Entwickelung.
Aber, meine Herren, auch für diesen Fall stehen Sie sich mit
dem Budgetrecht besser, als ohne dasselbe. Denn wenn Sie das
Budgetrecht nehmen, was würde die Folge bei einem Conflicte sein? Eine
gewaltsame Handlungsweise, es ist der Straßenkompf, den man provocirt