Artikel 57—68. Bincke-O. 293
und zwar ein Procentsatz von 1 Procent. Meine Herren, ich glaube, das ist gegen
die bisherigen Verhöltnisse ein wesentlicher Fortschrit#, ein wesentlicher Vortheil.
Es ist dadurch wenigstens für die nächste Zeit, bis mit Uebereinstimmung
der Vertretung des Deutschen Bundes eine Abänderung getroffen wird, ein
Satz für die Stärke des Friedensheeres festgestellt, welcher nicht überschritten
werden darf, während wir bisher keine Bestimmung der Art hatten, denn
die Bestimmung des § 3 des Gesetzes vom 3. September 1814 war nach
Einführung der Verfassung von 1850 eine sehr unklare, die Ansprüche der
Volksvertretung hervorrief, welche aber eigentlich nicht nachgewiesen werden
konnten und die dann auch nicht beachtet worden sind. Das ganze Recht
der Volksvertretung bestand in der Bewilligung des Geldes zur Ver-
mehrung der Armee oder in der Verweigerung des Geldes und wir
haben es ja erlebt, daß, als im Vollbewußtsein der Nothwendigkeit einer Ver-
stärkung der Armee, die Regierung eine solche forderte, welche die Volksver-
tretung nicht anerkannte, und also die Gelder nicht bewilligte, die Regierung
ohne solche Bewilligung die vorhandenen Geldmittel doch verwendet hat, und
wir müssen heute doch sagen — ich habe es schon einmal hier gesagt, aber
ich kann es nicht genug wiederholen — wir müssen anerkennen, daß sie ma-
teriell recht gehabt hat, (Bravo! rechts) daß diese Veränderung nothwendig
war und daß sie zum Heile des Vaterlandes und zum Heile Deutschlands
ausgeschlagen ist. (Bravo! rechts.) Was nun den Procentsatz betrifft,
so halte ich ihn für einen sehr angemessenen. Unmittelbar nach dem Kriege
im Jahre 1816 war der Procentsatz, den das damals so geschwächte, durch
den Krieg erschöpfte und gedrückte Preußen für die Friedensstärke des stehen-
den Heeres stellte, 11 Procent der Bevölkerung, er ist nach und nach dann
bis zum Jahre 1830 gesunken bis auf 1 Prozent, er ist später noch tiefer
gesunken bis auf 0.79 oder u#9 Procent, weil man trotz wachsender Be-
völkerung die Friedensstärke der Armee (130,000 Mann) unverändert ließ.
Aber dieses geschah, meine Herren, in einer Zelt des tiefsten Friedeus, wo
durch sichere Alliancen darauf zu rechnen war, daß man die Armee nicht ge-
brauchen werde. Dann in den unruhigen Zeiten, die mit 1830 entstanden,
ist der Satz wleder gestiegen, er ist sogar gestiegen bis auf 1,12 Procent
md er ist in diesem Augenblick nach dem Etat von 1867 1,07. Die Re-
gierung schlägt vor, ihn auf 1 Procent herabzusetzen. Meine Herren, um
Ihnen nun einen Beweis zu geben, daß auf diese Weise die Preußische Re-
gierung ihren neuen Bundesgenossen, den gesammten Bundesstaaten nur eine
geringere Belastung anmuthet, als fie Preußen bisher schon getragen hat,
kann ich mich nur bezichen auf das Verhältniß, wie es bei den Alten Prrußi-
schen Provinzen bisher gewesen ist. Für 1867 beträgt der Präsenzstand der
Armee 206.600 und einige siebenzig Mann. Das giebt einen Procentsatz
von 1,07. Wenn Sie diesen auf ein Procent reduciren, so würden in der
Folge die alten Provinzen circa 14000 weniger präsent bei den Fahnen haben,
als fie nach dem Etat von 1867 wirklich präsent haben, (Hört! hört! im