310 Bundeskriegewesen.
haben soll. Im Uebrigen darf ich mich auf das bezlehen, was so eben der
Herr Ministerpräsident gesagt hat. (Gravol)
von ochum-Dolf's (HammSoest).“) Meine Herren! Von allen den
Abschnitten und Artikeln des uns vorliegenden Entwurfes, die wir bis jetzt
berathen haben, ist keiner so tief eingreifend auf die bestehende Preußische
Verfassung und Gesetzgebung, als der Abschnitt, zu dem wir jetzt vorgedrun-
gen sind. Die Preuhische Verfassung, also eine Verfassung, welche für
24 der verbündeten 29 Millionen gllt, sagt, daß alle Einnah-
men und Ausgaben auf den Etat gebracht und durch ein für ein
Jahr dauerndes Gesetz im Voraus festgestellt werden follen.
Der Artikel 58 des Entwurfs dagegen sagt, daß die Einnahmen und
Ausgaben auf zehn Jahre für das Militair festgestellt, mithin 67 Millionen
Thaler der Einwirkung der Volksvertretung eben so lange völlig entzogen
werden sollen. Der 8 2 des Gesetzes vom 3. September 1814 besagt:
„Die Stärke des stehenden Heeres und der Landwehr soll nach den jedes-
maligen Verhältnissen des Staates bestimmt werden.“ Der Art. 56 d. Entw.
bestimmt den Procentsatz, mithin die Stärke, welche das Friedensheer eben-
falls auf die Dauer von zehn Jahren haben soll, ohne daß dabei irgend eine
Mitwirkung der Landesvertretungen statkhaben könnte. Nicht minder wichtig
ist die Abänderung, welche der Landwehrordnung oom Jahre 1816 durch den
Artikel 55 der Vorlage bevorsteht. Das Alles soll in kür zester Frist ge-
schehen bei kaum zu vermeidender Ueberstür zung und Angesichts des
bereits angenommenen Amendements Twesten, nach welchem das Veto
der Krone Preußen hinreicht, um jede Abänderung der bestehenden Heeres-
Einrichtungen und der bisherigen Leistungen für immer unmöglich zu machen.
Meine Herren, wenn die verblindeten Regierungen in dem Entwurfe, welchen
sie uns zur Berathung vorlegen, so wichtige und so tief in die Landesgesetz-
gebung eingreifende Bestimmungen uns zur Berathung zukommen lassen
wollten, dann wäre es in der Ordnung gewesen, daß der Entwurf wenigstens
vier Wochen vor den Wahlen in den Händen der Wähler gewesen wäre,
damit sie dem entsprechend ihre Wahl hätten regeln und vor allen Dingen
solche Abgeordnete nicht wählen mögen, die den Eid auf die Preußische Ver-
fassung abgelegt haben. Was diesen Eid anlangt, so ruft uns der vielge-
wandte Abgeordnete für Wiesbaden zu: „Seid Norddeutsche! Es handelt sich
um die wichtigsten Interessen der Einigung Deutschlands! Denkt nicht an
den von Euch in anderer Beziehung geleisteten Eid!“ Ein Abgeordneter, der
vielleicht keinen Verfassungseid geleistet hat oder möglicher weise auf eine unter-
gegangene Verfassung, der mag eine solche Mahnung an uns ergehen lassen.
Ich meinestheils bin jedoch nicht im Stande, eine Stunde lang mich als
Preuße zu fühlen, gebunden au die Preußische Verfassung, und in der nächsten
*) St. Ber. S. 549.