Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 57 68. Duncker. 313 
herbeizuführen wären; es kaun aber niemals dem Landtage einfallen, die 
ganze Organisation etwa durch Verweigerung der Mittel in die Luft spren- 
gen zu wollen, während andererseits dieses Verweigerungsrecht des ganzen 
Budgets allerdings ihm bewahrt werden muß, um andererseits in der Re- 
gierung das Gefühl der Verantwortlichkeit wach und rege zu halten, das 
Gefühl, daß sie verpflichtet bleibt, auch ihrerseits Dasjenige zu thun, was 
nöthig ist, um mit der Vertretung des Volkes zu einer Verständigung zu ge- 
longen Meine Herren, in dieser meiner Ansicht, daß es vollkommen mög- 
lich fein würde, auf parlamentarischem Wege über alle diese wichtigen Fragen 
zu einer Verständigung zu kommen, haben mich die Aeußerungen der ver- 
ehrten Abgrordneten, welche zu gleicher Zeit eine so ausgezeichnete und her- 
vorragende Stellung in den militairischen Kreisen einnehmen, so daß man 
sie wohl als die ersten Autoritäten dieses Faches bezelchnen kann, nicht irre 
gemacht, sondern nur bestärkt. Zch habe aus ihren Aeußerungen eben ent- 
nommen, daß wir von einer Verständigung, wenn sie, wie ich hoffe, auch 
serner ihre Kräfte unseren parlamentarischen Versammlungen widmen wollen, 
wahrlich nicht so weit find. Namentlich habe ich aus den Auslassungen des 
verehrten Abgeordneten für Memel nicht entnehmen können, daß er beispiels- 
weise die zweijährige Dienstzeit für eine Unmöglichkeit erklärt bei der In- 
fanterie. Er hat uns die Schwierigkeiten, die sie für gewisse Verhältnisse 
herbeiführen würde, allerdings auseinander gesetzt, aber bei so vortrefflichen 
Organisationstalenten, wie sie eben diesen Männern zuzuschreiben sind, würde 
es gewiß nicht schwer sallen, wenn es uns gelingen sollte, die verehrten 
Männer zu Uberzeugen, daß die allgemeinen Staatsverhältnsse allerdings 
eine Ersparniß erfordern, eine Organisation zu finden, wodurch dann auch 
die Uebelstände der zwellährigen Dienstzeit vom militairischen Standpunkte 
aus beseitigt werden könnten. Daß nun aber eine zu starke Belastung in 
einer dreijährigen Dienstzeit und in einem Präsenzstande von dreihundert- 
tausend Mann, die wir auf zehn Jahre bewilligen sollen, liegen wlirde, möchte 
ich mir doch mit ein paar Worten noch auszuführen erlauben. Darin kann 
ich z. B. dem verehrten Abgrordneten für Memel nicht beistimmen, daß es 
ganz gleichgülilig sein würde, ob dreimalhunderttausend Mann drei Jahre 
oder nur zwei Jahre bei den Fahnen sind. Ja, wenn man die Zahlen im 
Gamen nimmt, so entgeht natürlich dem Lande dlieselbe Arbeitskrast und die 
Kosten bleiben dieselben; so wie man aber die Sache in Bezug auf die In- 
dividnen ins Auge faßt, verändert sich dieselbe ganz gewaltig. Es wird hier 
Niemand behaupten, daß es für einen jener Männer, die bei uns das Pri- 
vilegium der einjährigen Dienstzeit geniehen, volkewirthschaftlich betrachtet gleich 
sein würde, ob er eben nur das eine oder drei Jahr dient. Weil dos eben 
volkswirthschaftlich nicht gleich ist, darum hat man ja zu diesem Auskunfste- 
mittel der einlährigen Dienstzelt gegriffen; und ähnlich liegen gewiß die Ver- 
haltnisse bei der großen Masse der zum Dienste Ausgehobenen. Es wird 
dort auch eine Masse von Individuen geben, denen es durchaus nicht gleich
	        
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