Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

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Ordnung hergestellt werde, ehe man zur Basis der jährlichen Bewilligung 
zurlckkehren könne. Meine Herren, ich will dies anerkennen und ich will 
demnach den verhältnihmäßig kleinen Vortheil, der auf Grundlage der Neor- 
ganisation in den jährlichen Bewilligungen liegt, für eine kürzere aber wie 
ich glaube auskömmliche Frist aufgeben und das neune ich die Gegenwart 
erreichlich sicher sicllen. Aus diesem Grundgedanken ist das Interimisticum 
entsprungen, welches von meinen politischen Freunden Ihnen vorgeschlagen 
wird, ein Interimisticum, von dem ich gleich sagen will, daß es mir in der 
Zeit zu weit zu gehen scheint, gegen dessen Princip jedoch ich nichts ein 
zuwenden habe. Aber, meine Herren, die Zukunft will ich nicht vergeben, 
ich will nicht, dah die constitutionellen Rechte, die jährlichen Bewilligun- 
gen, welche zum Heile der Kriegeverfassung sowohl wie zum Heile der finan- 
ziellen Zustände des Landes nothwendig sind — denn beide hängen ja un 
trennbar zusammen — für immer entzogen wären der Diecussion, der wirk. 
samen Diecussion und möglicherweise der Einschränkung, so weit diese beste- 
hen kann neben der gesetzlichen und unverrückbaren Grundlage der Reorgani- 
sation. Meine Herren, wie die Kriegsverfassung die Grundlage des Ent- 
wurss bildet und in Zukunft immer die Wurzel der Norddeutschen Verfassung 
bleiben wird, so ist auch der Militairetat die Grundlage der budgetmäßigen 
Bewilligung, und wenn Sie den Militairetat uns gänzlich entziehen, so 
haben Sie damit die Budgetbewilligung sast bis zum Schein heruntergedrückt. 
Nennen wir das Ding beim rechten Namen, indem wir der Königlichen Ge- 
walt sowohl eine bestimmte Zahl von Leuten, wie eine bestimmte Summe 
Geldes pro Kopf zur Verfügung stellen, geben wir ihr eine Vollmacht, derem 
rechter Name die Dictatur ist, und diese Dictatur ist nur erträglich und nur 
nothwendig für eine bestimmte Zeit. Darüber hinaus ist sie nicht mehr 
Dictatur, sondern Aufhebung des Verfassungsrechtes. Wir, meine Herren, 
in unserm patriotischen Pflichtgefühle, wissen sehr wohl, daß wir uns ge 
wisser Rechte entäußern dürfen für die Zeiten der Gefahr, aber wir wissen 
eben so sehr, daß man die Verfassung an der Wurzel angreist, wenn man 
Über die Zeit der Gefahr hinans eine gleiche Bewilligung gewährt, sei es in 
festen Summen, sei es in fester Kopfzahl. Daraus entspringt für uns die 
Nothwendigkeit, nur für eine bestimmte Zeit die Summe und die Zahlen als 
firirte Summen und fixirte Zahlen in dem Verfassungsentwurs aufzu- 
nehmen. Meine Herren, ich würde ferner meinen, die Zukunfst zu compro- 
mittiren, wenn auch nicht gerade in constitutionellem Sinne, so doch im 
Sinne der Sicherheit und der Vertheidigung, wenn es möglich wäre, daß 
nach Ablauf des Interimisticums der Bestand der Armee in Frage gestellt 
würde. Aber das ist durch die auedrlckliche Anerkennung der Reorganisation 
verhütet. Die Armee kann nicht mehr in Frage gestellt werden, wenn das 
Princip anerkannt ist, welches ausgedrückt ist sowohl in dem Gesetze wie in 
den anerkannten Einrichtungen und welches nunmehr Gesetz für ganz Nord- 
deutschland werden soll. Diese Neorganisation will ich heut im Gegensah
	        
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