Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 69. Forckenbeck. 331 
md auch nur mit Rücksicht auf diese Anträge gestellt worden. Die 
Anträge beabsichtigen Compromisse, drängen deehalb Ueber zeugungen, 
die ich hege, gehegt habe und früher lebhaft vertheidigt habe, zurlck. Sie 
brabsichtigen Compromisse zwischen den Parteien des Reichstages, zwischen 
dem Reichstage und den verbündeten Regierungen, zwischen den Organen der 
Einheit und den einzelnen Landtogen, welche späterhin das Werk genehmigen 
sollen; sie beabsichtigen aber namentlich Compromisse zwischen den gebietcrischen 
Nothwendigkelten des Norddeutschen Bundes und den freiheitlichen Rechten 
des Volkes, namentlich dem Budgetrechte, welches wir für die Zukunst un- 
verändert aufrecht erhalten wollen; die Anträge wollen auf diese Weise dem 
Werke, was wir hier berathen, auch in dem Herzen und der Ueberzeugung 
des Bolkes diejenige Majorität sichern, welche neben der militairischen Ein- 
heit das beste Ferment für das Gedeihen des Norddeutschen Bundes sein 
wird. Meine Herren, nach diesen einleitenden Worten wende ich mich kurz 
zur Motioirung der Anträge, welche ich zu Artikel 55 gestellt habe. 
Ich werde nicht auf die Motivirung der Anträge zu Artikel 56 d. E. 
eingehen, weil es meiner Meinung nach mir am allerwenigsten geziemen 
würde, irgendwie die Geschäftsordnung auch nur umgehen zu wollen. Meine 
Herren, ich schlage vor, zu Artikel 55 zuvbrderst zu beschließen: 
„Jeder wehrfähige Deutsche ist 12 Jahre hindurch, in der Regel vom voll- 
endeten 20. Lebensjahre an, dienstpflichtig“. Ich bemerke, um Mißverständ- 
nissen vorzubeugen, daß wir hier doch bloß für Norddeutschland be- 
schlleßen, und daß daher das Wort: „Jeder wehrsähige Deutsche“ nicht 
mißverstanden werden kann. Der zweite Satz soll lauten: „Der Dienst soll 
im stehenden Heere 7 Jahre, davon bei den Fahnen höchstens die ersten 
3 Jahre, in der Reserve 4 Jahre, außerdem in der Landwehr 5 Jahre 
dauern“. Diese Vorschläge, meine Herren, erkeunen die Thatsachen an; sie 
geben der in Preußen bestehenden Organisation die gesetzliche Grundlage, die 
ihr, meiner Ansicht nach, nach den glorreichen Erfolgen der Jahre 1864 und 
1866 unter keinen Umständen mehr entzogen werden darf, die ihr meiner 
Meinung nach in dem Augenblicke gegeben werden muß, und auch Seitens 
eines Preußischen Abgeordneten, der ihr früher entgegen gestanden, gegeben 
werden kann, wo es sich darum handelt, nicht bloß die Verhältnisse für 
Preußen zu bestimmen, sondern diese Organisation verfassungsmäßig auf das 
übrige Norddeutschland zu Üübertragen, sie also für 10 Millionen einzuführen, 
die bieher noch nicht der allgemeinen Wehrpflicht unterlagen. Ich bemerke, 
meine Herren, und betone damit, daß wenn ich diese gesetzliche Anerkennung 
in vollem Umfange der Reorganisation ertheile, ich sogar geneigt wäre, um 
Zweifeln, die, wie ich höre, in der Versammlung vielfach laut geworden sind, 
vorzubeugen, für die künftigen Artikel ausdrücklich zu bestimmen, daß damit 
die in Preußen bestehende Reorganisation und deren analoge Ausdehnung auf 
das ubrige Deutschland als Grundlage der jährlich wiederkehrenden Geldbe- 
willigung für die Armee anerkannt worden ist. Wenn ich dann im folgen-
	        
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