342 Bundeskriegewesen.
die Abneigung, die dergleichen Truppen begegnet, und wer wollte diese Ab-
neigung nicht im gewissen Sinne für berechtigt erklären? Der Militär, der
Berusssoldat will gern, daß Alles auf das Genaueste und Beste eingerichtet
werde, und man kann es ihm auch gar nicht verdenken, daß er das Heer
gern so groß machen möchte, als es nur irgend möglich ist. Ja, meine
Herren, das sind so diametral entgegengesetzte Interessen, die hier dem Be-
rufssoldaten und dem Volke, das die Wehrpflicht leisten soll, gegenllerstehen,
daß es unmöglich ist, so kurz darüber hinweg zu gehen, daß es unmöglich
ist, alle diese Fragen, die Gegenstand langer Untersuchung gewesen sind, mit
einem Schwamme wegzuwischen, mit einem einzigen Worte Über das hinweg-
zugehen, was 5 Jahre hindurch Streit, nicht blos in gesetzlicher, fondern
auch in technischer Hinsicht gewesen ist, und was von höchst ehrenwerthen
und anerkannt technisch gebildeten Männern noch heute als die Grundlage
angesehen wird. Darltber, meine Herren, kann man nicht so ohne Weiteres
hinweggehen und diesen Versassungsartikel mit der siebenjährigen Dienstzeit
annehmen. Meine Herren, wenn die ganze Gesetzgebung eingeführt werden
soll, so ist hier schon von vielen Seiten gesagt worden, daß das mit allen
Rescripten und Reglements unausführbar sei. Gesetze aber sind sehr wenige
vorhanden: das Gesetz vom 3. September 1814, die Landwehrordnung, auch
ist vielfältig behauptet worden, daß die Verordnung von 1819 ein Gesetz fel.
Wollen Sie nun auch das Strasgesetzbuch für das Militär hinzufügen, so
ist es mir zweifelhaft, ob dies beim Bunde eingeführt werden würde. Dar-
über wird der Artikel 57 entscheiden. Aber, meine Herren, das Gesetz vom
3. September 1814 besteht noch heute zu Recht, ist heute noch die Grund-
lage. Darum schlagen wir Ihnen vor, an dieser Stelle, da es bei Artikel 53
nicht geschehen ist, den Satz aufzunehmen, daß bis zum Erlaß eines Bundes-
gesetzes das Gesetz vom 3. September 1814 entscheide. Es ist wiederum ge-
fagt worden, meine Herren, daß die Sache ganz außerordentlich schnell zu
Ende gebracht werden müsse; das Vaterland fei in Gefahr. Aber Sie wissen
— ich habe es mehrfach gesagt — daß alle Mittel, um das Heer zu er-
halten, durch die Verträge, die die Preußische Regierung mit anderen Staaten
abgeschlossen hat, vorhanden sind, mag die Verfassung zu Stande kommen
oder nicht. Dieser Entschuldigungsgrund ist, wie ich es zum zweiten oder
dritten Male hier sagen muß, durchaus nicht gerechtfertigt. Alle Amendements,
auch das des Freiherrn von Moltke, fordern ein Bundesheeresgesetz. Das
soll aber nach dem Amendement des Herrn Freiherrn von Moltke erst ein-
treten, nachdem es erlassen ist. Darin liegt aber keine Promesse, es wirklich
vorzulegen; und bis das erlassen ist, soll jener factische Zustand gelten, dem,
was bei den folgenden Artikeln noch näher discutirt werden wird, eine durch-
aus irrationelle Grundlage gegeben wird, durch welche ein Procent der Be-
völkerung und ein Tribut von 225 Thalern, der ein für alle Mal dem
Preußischen Volke auferlegt ist, unter Mißkennung feines Budgetrechts fest-
gesetzt wird. Hierzu auch nur für kurze Zeit seine Zustimmung zu geben,