Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 59. Baerst. 343 
halte ich nicht für den Beruf des Parlaments. Ich bin der Meinung und 
ich habe es gestern schon ausgeführt, daß die Sache sich auch auf andere 
Weise machen läßt, daß das Budgetrecht, womit die Constituirung des Nord- 
deutschen Bumdesheeres zusammenhängt, ganz gut für das künftige Parlament 
geltend gemacht werden kann. Ich bin der Meinung, daß dann erst die 
Sache in die richtige Bahn kommen wird. Und wenn Sie nun, wie wir 
vorschlagen, ausdrücklich anerkennen, daß das Bundespräsidium den Bundes- 
kriegsminister ernennt und, bis er ernannt ist, der Preußische Kriegsminister 
die Functionen des Bundesministers auslüben soll, dann bin ich Überzeugt, 
daß Alles, was bis zu jenem interimistischen Zustande, das heißt bis zum 
October dleses Jahres, geschehen kann, auch wirklich geschehen ist, und daß 
es dann mit vollstäudiger Kenntniß der Sache Gegenstand der Berathung des 
künftigen Reichstages sein kann auf einer soliden und tüchtigen Grundlage, 
— ganz abgesehen von der Reorganisation, — so wie es dann wird vorgt- 
schlagen werden. Auf dieser Grundlage wird der künfelge Reichstag zu einem 
dauernden und bleibenden Erfolge kommen, zu einem Erfolge, zu dem jener 
Frocentsatz von 300,000 Mann und 225 Thalern uns nimmermehr führen 
wird. (Lebhastes Bravok links.) 
Freiherr von Vaerst (Landsberg. Soldin).?) Meine Herren! Aus nahe- 
liegenden Gründen, die hoffentlich meine Collegen aus dem 
Preußischen Abgeordnetenhause zu würdigen verstehen, hatte ich 
mir vorgenommen, bei der Verhaudlung bber diesen Abschnitt der Ge- 
setzesvorlage das Wort nicht zu ergrelfen. Ich bin dadurch provocirt 
worden, von diesem meinem Vorsatze abzustehen, weil der Abgeordnete Duncker 
für Berlin eine Rede, welche ich bei Gelegenheit der Budgetberathung des 
letzten Jahres im Preußischen Abgeordnetenhause gehalten habe, citirt hat, 
und weil er daraus entnommen haben wlll, daß mein Standpunkt, den 
ich eine Reihe von Jahren in jenem Hause eingenommen hatte, jetzt ein 
verlassener sei. Dem ist nicht so. Das Citat, welches er ange- 
fhrt hat, glaube ich, ent spricht vollkommen den Verhältnissen, in 
welchen sich dieser Hohe Reichstag im Augenblick befindet. Wir 
find nämlich dazu hier, die Gesetze für den Norddeutschen Bund und 
die Bersassung desselben zu vereinbaren. Zu diesen Gesetzen und 
zu dieser Verfassung gehört vor allen Dingen die Verpflichtung 
zum Kriegedlenst, oder diejenigen Gesetze, welche denselben regeln, und 
für den ganzen Norddeutschen Bund auf die Dauer feststellen sollen. Meine 
Herren, ich nehme unter keiner Bedingung und niemals in An- 
spruch, daß ich etwa in prophetischem Geiste gesprochen häue; aber 
das Citat, welches der geehrte Herr hler aus dem stenographischen Berichte 
jenes Hauses vorgelesen hat, das, denke ich, hat gerade dasjenige vor- 
454 St. Ber. S. 568.
	        
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