Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

348 Bundeskriegewesen. 
habe damals schon vor meinen Wählern diese Sprache geführt und ich ur- 
theile nun nach den Refultaten. Diese Resultate sind der Art, daß 
die bestehende Armee die ruhmwürdigsten Thaten für das Vaterland voll- 
bracht, unser Reich gesichert und erweitert hat, daß ich aber nicht die seste 
Ueberzeugung habe, wenn die Armee anders organisirt würde, ob in gleicher 
Weise die Zukunft sicher gestellt sein möchte. (Lebhaftes Bravol) 
Freiherr von Viucke (Olbendors).“) Meinc Herren, der Herr Abge- 
ordnete von Blanckenburg hat bereits das Amendement, welches meine 
politischen Freunde und ich gestellt haben, ganz vollständig erörtert, 
darüber brauchte ich kein Wert mehr zu sagen, wenn nicht der letzte Herr 
Redner auf das Wort „höchstens“ einen besonderen Werth gelegt hätte. Wir 
sind der Meinung, das Wort „höchstens“ ist nicht nöthig in das Gesetz 
aufmuehmen, sondern im Gegenkheil in dem Gesetz muß ein klarer Ausdruck 
über die Pflicht sein, über die Pflicht von 3 Jahren. Daß die Dienstzeit 
trotz dieses Ausspruches im Gesetz abgekürzt werden kann, lehrt die Ersah- 
rung, sowohl zu der Zeit, wo der Staat absolut war, als seit der Zeit, wo 
die Versassung eingesührt ist. Es haben sactisch Abkürzungen der Dienstzeit 
stattgefunden: Die Regierung hat, um Ersparnisse zu machen, die Dienustzeit 
bei der Insanteric, wo es zulässig war, verkürzt, und wird das wahrschein- 
lich auch serner thun; das bleibt ja aber vollkommen in ihrer Macht, denn 
Niemand wird ja behaupten, daß, wenn eine Pflicht irgendwo im Gesetz aus- 
gesprochen ist, auch der Berechtigte, der Staat, der diese Pflicht zu fordern 
hat, gezwungen ist, diese Pflicht in ihrem ganzen Umsange zu nehmen, son- 
dern nur so weit, als sie für den Zweck des Staates, wozu sie besteht, noth- 
wendig ist. Ich hätte nun Üüber den Artikel selbst nichts weiter hinzuzu- 
sügen, muß aber doch, da ich einmal das Wort habe, auf Aeußerungen, die 
hier gefallen sind, namentlich vom Abgrordneten Waldeck nur Einiges 
erwidern: Er bezog sich so lebhaft auf die hochverdienten Männer Boyen 
und Scharnhorst als die Begründer jener vortrefflichen Wehrpflicht, die 
wir ja Alle anerkennen. Meine Herren, ich glaube sest, daß diese Männer 
heut nicht mit dem Abgeordneten Waldeck einverstanden sein 
würden, und wer ihre Lebensgeschichte und ihre Schristen näher kennt, der 
wird darin finden, daß sie entschiedene Anhänger eines starken stehenden 
Heeres waren und nur in Zeiten der Noth das hinzufügten, was die 
Noth ersorderte: die Landwehr. Es ist gerade der damalige Kriegs- 
minister von Boyen, der die 3 jährige Dienstzeit eingeführt hat. Wenn nun 
der Abgeordnete Waldeck eine so große Autorität in ihm anerkennt, warum 
hat er nicht bei seinem Urtheil über die 3jährige Dienstzeit diese Autorität 
auch anerkannt? warum hat er sie trotz jener immer herabsetzen wollen? Es 
ist davon viel die Rede gewesen, die liberale Partei würde verdächtigt, daß 
  
*) St. Ber. S. 565.
	        
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