Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

412 Vundeselriegewesen. 
erschreckende Uebelstände hervortreten würden, wie das in Hannooer Allen 
schon vor der Katastrophe von Langensalza und daun später klar geworden 
ist; aber trotzdem läßt es sich nicht verhehlen, es ist immer ein Bedenken, 
einer Verwaltung einen reichlich bemessenen Pauschsatz zu gewähren. Es 
steht freilich in der Verfassung, daß die Ueberschüsse oder Ersparnisse am 
Militairctat — ich glaube, es ist im Artikel 63 d. E. — der Bundeokasse zufließen 
müssen. Nun, meine Herren, ich freue mich, daß ich zu leinem Zwecke auf 
diese Ueberschüsse angewiesen bin, denn ich fürchte, daß sie nie vorhanden sein 
werden, und das ist ganz natürlich. Eine Verwaltung, die eine bestimmte 
Summe zur Verfügung hat, wird diese Summe so gewiß verbrauchen, wie 
Üüberhaupt die Zeit fortläunst. Sie wird finden, daß das Eine noch etwas 
besser, das Andere noch etwas reichlicher angeschafft werden könne, und sie 
wird daher immer Alles verbrauchen. Also von diesen Ersparnissen dürfte 
keine Rede sein, und ein kleines Bedenken liegt doch auch darin, daß man 
eine Verwaltung — deren hohe Wichtigkeit ich vor allen Dingen nicht ver- 
kenne — nicht gewissermaßen durch künstliche Mittel zur Verschwendung 
versühren soll, und ich glaube, das geschieht, wenn wir dieses Pausch- 
quantum danernd gewähren. Ich halte dies für ziemlich zweifello#s. Und, 
meine Herren, was fürchten Sie denn? Sie sürchten, daß die Volksvertre- 
tung, die wahrlich nach diesem Versassungsentwurs nicht mit sehr großen 
Rechten ausgerüstet ist, Ihnen die Erhaltung einer kräftigen und tüchtigen 
Armee unmöglich machen werde. Ja, meine Herren, wenn Sie sich da auf 
die Erfahrungen bei den Verhaudlungen in den einzelnen Vertretungen der 
Deutschen Staaten berusen, die fortwährend an diesem Militairetat herum- 
genöckert und genörgelt haben, dann haben Sie Recht. Aber glauben Sie 
denn, daß eine große nationale Vertretung, die ebenso das Gesühl 
der Macht hat, wie die Regier ung selbst, und die diese Macht rea- 
lisiren will, sich je in so kleinlichen Dingen ergehen wird? (Leb- 
hafter Beifall links, Unruhe rechts.) Meine Herren! Ich zweifle 
daran. Wenn Sie auch vielleicht aus den Ersahrungen in Preußen entgegen- 
gesetzte Folgerungen ziehen, die sind, sage ich, nicht maßgebend. Wenn der 
absolute Staat zum constitutionellen übergehen will, so entstehen solche Rei- 
bungen, und wenn der Confliet nicht in dem Militairetat entstanden wäre, 
so wäre er wahrscheinlich in einem anderen Gegenstand ausgebrochen (Nein! 
nein! rechts), und ebenso bin ich Überzeugt, daß wir Überhaupt ohne Rei- 
bungen auch in unserem neuen Staate nicht auskommen werden. Wir wer- 
den auch hier nicht ohne Kämpfe zum Versassungsstaate kommen, aber wir 
wollen doch keine Institutionen schaffen, die den nackten Absolutiemus 
an der Stirne tragen (Bravo! links), und das ist für die Militoirverwal- 
tung dieser für ewige Zeiten und dauernd bewilligte Pauschsat. Ja, meine 
Herren, das Ding hat auch zwei Seiten. Wenn Sie diesen Pauschsatz haben 
und nun darnacht die Militaireinrichtungen treffen, so können Sie sich doch 
nicht verhehlen, daß die schwere Militairlast von Vielen stark empfunden
	        
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