Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

426 Bundeskriegewesen. 
aqufgestellt find, wie in dieser kurzen Verhandlung von heut 
Morgen bise hier. Der Herr Abgeordnete von Vincke, der zuletzt diefen 
Plat (auf die Tribüne deutend) inne hatte, hat uns gesagt, das Budget- 
recht werde hier gewissermaßen verdreht zu einem Gespenst; 
diejenigen, die fortwährend auf das Budgetrecht recurrirten, wüßten schließ- 
lich selbst nicht mehr, was darunter zu verstehen sei. Er hat gesagt, man 
könnte wohl dem Volke vertrauen, aber nicht den Volksvertretern; 
er hat uns darauf hingewiesen, daß nicht jedes Jahr die Existenz des 
Heeres in Frage gestellt werden könnte, was mit dem vollen 
Budgetrecht sich von felbst ergebe. Nun, meine Herren, mit 
allen diefen Behauptungen gehört man nicht zur liberalen Partei, 
sondern zur absolutistischen Partei; (Lebhaftes Bravokl links) 
mit diesen Behauptungen muß man zum Absolutismus kommen, 
denn diese Behauptungen sind ebenfowohl anwendbar auf jeden 
anderen Gegenstand des Bewilligungsrechts, als auf die Armee 
— ich werde darauf später noch eingehen. Es ist uns ferner von dem Herrn 
Abgeordneten gesagt worden, keine Volksvertretung in Europa, die 
die Meuterei-Bill habe, befitze eine vollständig freie Hand be- 
züglich der Armecausgaben, es feien Uberall fixirte Minderaus- 
gaben vorhanden. Meine Herren, diese Behauptung stelle ich einfach 
in Abrede, sie ist unrichtig, sie ist durchaus falsch, sie ist ebenso 
falsch, wie die eben so sichere Gehauptung von Vincke gegen den 
Abgeordneten Lasker, wo er leugnete, daß unter dem Ministerinm 
Walpole die Verlängerung der Legislaturperiode eingetreten 
fel. (Lebhaster Ruf: Sehr richtig! Großer Widerspruch.) Der Herr Abge- 
ordnete Wagener, der ist in den extremen Behauptungen noch einen 
Schritt weiter gegangen. Er hat — ich habe es mir bemerkt — wenige 
Minuten hinter einander gesagt, die Einheit Deutschlande sei 
geschaffen durch die Armee und bestehe in der Armec. (Ruf rechts: 
Hauptsächlich!) Nun, meine Herren, gebe ich zu, daß die ruhmreichen 
Thaten der Preußischen Armee das Hinderniß weggeschafft haben, 
welches der Deutschen Einheit entgegen stand, indem sie das Aus- 
land aus Deutschland entfernten. (Sehr richtigs) Daß aber die Armee 
die Einheit geschaffen hat, das muß ich entschieden leugnen. Die 
Einheit besteht in der Einheit des Volksbewußtfeins und in dem 
einheitlichen Willen der Nation, (Stürmisches Bravo! links) 
und die Armee ist nur Mittel dasür. (Beifall links, Sen- 
sation und Widerspruch rechts.) Es hat ferner der Herr Abgeorduete 
Wagener gesagt: Wenn wir die Absicht nicht hätten, die Armecor- 
ganifation anzugreisen, warum wir das nicht geradezu in der 
Verfafsung ausfprächen, man könnte doch offen fein und dasjenige, was 
man wirklich und ehrlich wolle, — das könne man geradezu in der Verfassung 
fagen, fonst werde die Gefahr entstehen, daß die Existenz der Armer später
	        
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