Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 62. Miquel. 427 
in Frage gestellt werde. Man hat hingewiesen auf die Conslicte, die hier 
in Preußen stattgefunden haben, bezüglich der Armerreorganisation, und 
wenn ich es sonst allerdings schwerlich verstehen könnte, wie selbst solche 
Männer, wie der Herr Abgeordnete von Vincke (Hagen) zu einer solchen 
Bchauptung, wie ich sie eben constatirt habe, kommen konnte, so ist mir 
dies ein Erklärungesgrund. Ich meine eben, der Militärconflict 
hat nach belden Seiten hin Befangenheit geschafsen, — nach bei- 
den Seiten! Man sürchtet da extreme Consequenzen lediglich aus den Ersah- 
rungen der letzten Vergangenheit, und es kommt daher daran auf zu zeigen, 
daß es falsch ist, in der Politik die Ausnahme zur Regel zu machen. Der 
Herr Abgeordnete Wagener hat namentlich mich und meine Freunde 
apostrophirt; er hat uns gesagt, er begreife nicht, wie wir, die wir 
doch die Deutsche Einheit wollten, dle wir dieses Werk im Allgemelnen 
unterstlitzen wollten, wie wir bei diesen entscheidenden praktischen Punkten das 
ganze Werk in Frage zu stellen unternähmen. (Rechts: Ja wohl.) Ich 
nchme an, daß der Auedruck „unternähmen“, den der Herr Abgeordnete 
gebraucht hat, — so viel ich mich erinnere, — daß dieser Ausdruck nicht in dem 
Sinne gemeint ist, als wenn wir beabsichtigten, das Werk in Frage zu stellen. 
Ich würde sonft diesen Vorwurf mit Entschiedenheit zurückweisen. Wenn es 
sich aber darum handelt, ob die Consequenz unseres Amendements die In- 
fragestellung des Norddeutschen Bundes ist, dann will ich dem Herrn Abge- 
ordneten sachlich antworten: Das Amendement, welches wir ein- 
gebracht und unter stützt haben, entspricht in Wahrheit der gegen- 
wärtigen politischen Lage des Norddeutschen Bundes. Wir glauben 
nicht, wie einige Herren Redner der Linken, daß man ohne irgend eine Ueber- 
gangszeit von längerer oder kürzerer Dauer auskommen kann, wenn es 
sich darum handelt, einen neuen Staat zu gründen mitten in Europa, um- 
geben von großen Militärmächten, die größtentheils uns ungünstiz und wider- 
willig gesinnt sind — wenn es sich darum handelt, eine neue Armeeorgani- 
sation in den verschiedenen Ländern Deutschlands herzustellen und die Armee 
zu einer einheitlichen Armee zu machen. Wenn Alles dieses während der 
Uebergangszeit nothwendig ist, so erkennen wir an, es ist während einer Ueber- 
gangszeit durchaus nothwendig, daß man der Executiotz vollständig freie Hand 
giebt; nichts würde aber sehlbarer sein, als aus der Nothwendigkeit einer 
Uebergangszeit concludiren, daß das Budgetrecht überall vom Uobel sei, und 
daß der Bund, den wir gründen, der Norddeutsche Bund, das Budgetrecht 
bezllglich der Armee Überall nicht zu vertragen im Stande sei. Ich muß 
hier zurückgreisen auf einige Acußerungen des Abgeordneten für Königsberg. 
So sehr die Nation Vertrauen zu diesem Helden hat, wenn es sich um die 
Fuhrung der Armer handelt, so sehr die Nation ihm Dank schuldig ist für 
die Thaten des Jahres 1866, so wenig können doch wir den Abgcordneten 
für Königsberg für eine parlamentarische Autorität halten, und es wird sich 
daher geziemen, „die Gründe, die derselbe uns angeführt hat, näher zu kritisiren.
	        
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