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in Frage gestellt werde. Man hat hingewiesen auf die Conslicte, die hier
in Preußen stattgefunden haben, bezüglich der Armerreorganisation, und
wenn ich es sonst allerdings schwerlich verstehen könnte, wie selbst solche
Männer, wie der Herr Abgeordnete von Vincke (Hagen) zu einer solchen
Bchauptung, wie ich sie eben constatirt habe, kommen konnte, so ist mir
dies ein Erklärungesgrund. Ich meine eben, der Militärconflict
hat nach belden Seiten hin Befangenheit geschafsen, — nach bei-
den Seiten! Man sürchtet da extreme Consequenzen lediglich aus den Ersah-
rungen der letzten Vergangenheit, und es kommt daher daran auf zu zeigen,
daß es falsch ist, in der Politik die Ausnahme zur Regel zu machen. Der
Herr Abgeordnete Wagener hat namentlich mich und meine Freunde
apostrophirt; er hat uns gesagt, er begreife nicht, wie wir, die wir
doch die Deutsche Einheit wollten, dle wir dieses Werk im Allgemelnen
unterstlitzen wollten, wie wir bei diesen entscheidenden praktischen Punkten das
ganze Werk in Frage zu stellen unternähmen. (Rechts: Ja wohl.) Ich
nchme an, daß der Auedruck „unternähmen“, den der Herr Abgeordnete
gebraucht hat, — so viel ich mich erinnere, — daß dieser Ausdruck nicht in dem
Sinne gemeint ist, als wenn wir beabsichtigten, das Werk in Frage zu stellen.
Ich würde sonft diesen Vorwurf mit Entschiedenheit zurückweisen. Wenn es
sich aber darum handelt, ob die Consequenz unseres Amendements die In-
fragestellung des Norddeutschen Bundes ist, dann will ich dem Herrn Abge-
ordneten sachlich antworten: Das Amendement, welches wir ein-
gebracht und unter stützt haben, entspricht in Wahrheit der gegen-
wärtigen politischen Lage des Norddeutschen Bundes. Wir glauben
nicht, wie einige Herren Redner der Linken, daß man ohne irgend eine Ueber-
gangszeit von längerer oder kürzerer Dauer auskommen kann, wenn es
sich darum handelt, einen neuen Staat zu gründen mitten in Europa, um-
geben von großen Militärmächten, die größtentheils uns ungünstiz und wider-
willig gesinnt sind — wenn es sich darum handelt, eine neue Armeeorgani-
sation in den verschiedenen Ländern Deutschlands herzustellen und die Armee
zu einer einheitlichen Armee zu machen. Wenn Alles dieses während der
Uebergangszeit nothwendig ist, so erkennen wir an, es ist während einer Ueber-
gangszeit durchaus nothwendig, daß man der Executiotz vollständig freie Hand
giebt; nichts würde aber sehlbarer sein, als aus der Nothwendigkeit einer
Uebergangszeit concludiren, daß das Budgetrecht überall vom Uobel sei, und
daß der Bund, den wir gründen, der Norddeutsche Bund, das Budgetrecht
bezllglich der Armee Überall nicht zu vertragen im Stande sei. Ich muß
hier zurückgreisen auf einige Acußerungen des Abgeordneten für Königsberg.
So sehr die Nation Vertrauen zu diesem Helden hat, wenn es sich um die
Fuhrung der Armer handelt, so sehr die Nation ihm Dank schuldig ist für
die Thaten des Jahres 1866, so wenig können doch wir den Abgcordneten
für Königsberg für eine parlamentarische Autorität halten, und es wird sich
daher geziemen, „die Gründe, die derselbe uns angeführt hat, näher zu kritisiren.