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das Ordinarium nicht ausreicht; man wird anfangen, das ganze Ordi-
narium auf das genaueste zu kritisiren, was zu unangenchmen und fatalen
Discussionen führen wird, und man wird eine Fixirung des Ordina-
riums leicht erzwingen können, und dazu vielleicht geneigt sein, sie zu er-
zwingen dadurch, daß man in übermäßiger Weise die extraordinären Forde-
rungen beschränkt oder ablehnt. Meine Herren! Wir in Hannover haben
diese Ersahrungen gemacht. Die Stände und die Regierung hatten sich auf
ewige Zelten, wenigstens auf sehr lange Jahre hin, geeinigt zu einem solchen
Pauschquantum. Nachdem aber der schlechten Verwaltung wegen zu befürchtem
war, daß die Armee in Folge dessen in Verfall geriethe, lag es in der Hand
der Stände, durch die Ablehnung der extraordinären Anforderungen den Ver-
trag wieder zu beseitigen und die Regierung zu zwingen, zum vollen Budget-
recht zurückzukehren. Ganz dasselbe wlirde jederzeit hier eintreten. Nun mag
es möglich sein, in einem kleinen Staate Uberall das Ordinarium von dem
Extraordinarium zu trennen; hier in einem großen Staate wird diese an sich
principiell unmögliche Trennung auch factisch zur Unmöglichkeit. Es werden
hier täglich so unübersehbare Extraordinarien an uns kommen, daß die Frage
nach dem fixirten Ordinarium und der Grenzscheide zwischen diesem und dem
Extraordinartum ganz verwischt werden wird. Wir werden also nach und
nach doch zu einem vollständigen Bewilligungsrechte gelangen, nur in einer
verbitterten Weise, während man sonst, bin ich Überzeugt, Seitens des Deut-
schen Parlaments, namentlich so lange irgend eine Gefahr nach außen da
ist, das größte Entgegenkommen gegen die Armee finden wird. Meine Her-
ren, es liegt mir nun noch ob, Ihnen in der Kürze darzuthun, daß man
nicht verzichten kann Seitens einer parlamentarischen Regierung auf einen
Haupttheil des Budgetrechts ohne auf das ganze zu verzichten. Eine Volks-
vertretung, welche das Bewilligung srecht auslbt, ist nicht blos der Ventilator
zwischen Bedarf und Befriedigung, zwischen Anforderung und Leistung be-
züglich eines oder des andern getrennten Verwaltungszweigs, sondern ihre
Hauptausgabe besteht in der Vermittelung der Bedürfnisse der verschiedenen
Verwaltungszweige. Wie eine Volksvertretung heute in der Lage sein wird,
so wird sie morgen genöthigt sein, weniger für diesen oder den andern Ver-
waltungszweig in Ansatz zu bringen, je nachdem das Bedürfniß bei dem einen
größer, und je nachdem die Veistungsfähigkeit auf der andern Seite ge-
ringer ist. Es ist also klar, daß dies die Hauptausgabe der Volkevertrekung
ist, gernde gegenüber der Technik in der Verwaltung und den nothwendig ein-
seitig technischen Anforderungen eines Verwaltungszweigs die richtige Mitte
zu halten, nach allen Seiten das richtige Gleichgewicht herzustellen. Es ist
klar, daß durch die Fixirung und Beseitigung des Budgetrechts nach einem
großen Verwaltungszweig hin diese Aufgabe dauernd unmöglich wird. Wir
können daher, ohne die ganze parlamentarische und coustitutionelle Entwicke-
lung dauernd zu gefährden, auf die Dauer nicht auf das Budgetrecht bezüg-
lich der Armer verzichten. Man weist uns immer darauf hin und in ge-