464 Bundeskriegswesen.
Staaten. Er schadet Preußen, meine Herren; denn Sie haben schon aus
den Anführungen meines geehrten Vorredners gehbrt, daß durch Artikel 64
von Neuem eine constitutionelle Befugniß aufgehoben werden soll. Bis jetzt,
meine Herren, hat das verantwortliche Staatsministerium den Belagerungs-
zustand verhängt, nach der neuen Bestimmung des Artikels 64 soll das der
unverantwortliche „Bundesfeldherr“ thun, und ich wüßte nicht, warum Preußen
in der Beziehung einen constitutionellen Rückschritt machen wollte. Was
aber die kleineren Staaten betrifft, so ist zweierlei Nachtheil dvom Artikel 64
zu befürchten. Erstens denken Sie daran, in welche Verlegenheit Sie die
Rcgierungen mancher kleinen Staaten auf eine ganz einfache Weise bringen
können. Es brauchen nur ein paar Intriguanten oder ein paar Schmarotzer
oder ein paar Hofschranzen der neuen Macht der Centralgewalt da zu sein,
um irgend einen kleinen Tumult zu erregen und dann begreiflich zu machen,
daß ein Aufruhr da sei, — und der Staat ist besetzt, und die heimische Re-
gierung muß alle ihre Macht aufgeben! Das ist unmöglich das, was Sie
wünschen können. Ferner bedenken Sie, was die Folge sein wird, wenn ein
wirklicher Aufruhr in einem kleinen Staate entstanden ist. Allgemein wer-
den Sie mir zugeben, daß man einen Aufruhr am Besten durch Diejenigen
besiegt, die den Aufrührern am nächsten stehen in Rücksicht auf Blutsver-
wandtschaft, Bekanntschaft u. s. w. (Widerspruch rechts.) Ja, meine Her-
ren, ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Wenn wir in meiner Baterstadt
Hamburg irgend einen Tumult hatten, so ist es uns niemals eingefallen,
das Militair zur Herstellung der Ordnung zu requiriren, wir haben es durch
die Bürgergarde gethan. (Ahl rechts.) Ja, meine Herren, Sie werden mu
zugeben, daß eine solche Beruhigung die beste ist, bei der man am wenigsten
Schaden anrichtet. Wenn die Bürgergarde gegen die Tumultanten aufge-
rufen wird, so pflegt oft schon ihr blohes Erscheinen genügend zu sein; es
sind die Verwandten, die Brlder der Tumultanten, die den Tumult beherr-
schen, und das ist etwas sehr Einfaches. Wenn abir, meine Herren, fremde
Truppen hineinkommen, dann bedenken Sie, daß es in den ersten Zeiten nicht
möglich ist, zu den tumultuirenden Haufen zu sagen: die Truppen, die da
kommen, sind ja eure Deutschen Brüder, es sind keine Fremde für euch; das
ist sehr schwer in den ersten Zeiten begreiflich zu machen, und Sie erreichen
weiter nichts damit, wenn Sie Truppen von der Centralregierung einrücken
lassen, als daß Sie bitterböses Blut machen. Sie sagen häufig, man solle
an der Verfassung nichts ändern, weil es Schwierigkeiten bereite. Hier aber
sehe ich durchaus nicht, von wem denn die besondere Liebe flr den Artikel 64
ausgeben sollte. Wer interessirt sich denn so für den Artikel 647 Etwa die
mit Preußen verbündeten Regierungen? Können Sie glauben, meine Herren,
daß die Fürsten der kleineren Staaten so begierig sind einen Artikel aufzu-
nehmen, nach dem also, wie gesagt, in Folge irgend welcher Anftiftung irgend
eines Intriguanten es schr leicht möglich ist, daß die Truppen der Central=
regierung einrlicken, und daß ihnen die Regierung wenigstens zeitweilig aus