38 Reichstag.
daß es rathsam ist, zur Zeit schon Über die Art und Weise der Aus-
übung des allgemeinen direeten Wahlrechts neue Vorschristen zu machen.
Wir haben ein Gefetz, nach dem wir gewählt find, ich halte da-
für, es ist rathsam, zunächst die Ersahrungen walten zu lassen
und dann zu urtheilen, ob es nothwendig und nützlich, in der fraglichen
Hiusicht Aeuderungen zu treffen. Ich für meinen Theil bin entschie-
den für die ösfentliche Stimmabgabe, und alle Die, die dagegen
kämpfen, geben damit das direeteste Zeugniß gegen die Zuläsfig-
keit des allgemeinen directen Wahlrechts, denn, wenn die socialem
und soustigen Verhältnisse, wie der Abgeordnete für Neustettin gesagt hot,
noch nicht erlanben, die össentliche Stimmabgabe einzuführen, dann er-
lauben sie auch noch nicht, den Leuten das allgemeine dlrecte Stimmrecht in
die Hand zu geben. In England wllrde man sich Über folche Argumen-
tationen sehr wundern. Ich will indessen den Antrag auf ösfent"
liche Abstimmung nicht stellen, ich will nur sagen, weshalb ich gegen
die anderen Anträge stimme, der Zukunst und Ersahrung es Überlassend, in
wiesern wir zu diesem weiteren männlichen Schritte, der öffeutlichen Ab-
stimmung übergehen konnen. Dann ist ferner noch die Frage wegen der
Beamten erbrtert worden. Mein Landemann aus Harburg hat mit vollem
Rechte hervorgehoben, daß die Bestimmung Über den Ausschluß der
Beamten, so wie sie dasteht, unter keinen Umständen bewilligt
werden kann Was sind denn Beamte? Dorüber geben nicht allgemeine
Grundfätze eine Antwort, fondern lediglich die positiven Gesetze der ein-
zelnen Länder. Die besonderen positiven Gesetze von Hannover haben aller-
dings die Stadtbeamten und die Communalbeamten Überhaupt zu
Staatsbeamten gemacht; es sind nach diesen Gesetzen auch nicht allein die in
Activität besindlichen Functionäre Beamte in dem Sinne der hier vorgeschlagenen
Bestimmung, sondern auch die pensionirten und die zur Dispositlon
gestellten Beamten werden unter diese Bestimmung fallen. Wollen denn
die Herren alle diese Kategorien ausgeschlossen wissen? Zch glaube
sogar, daß in dem Preuhischen Gerichtsversassungesystem Andeutun-
gen liegen dafür, daß fogar die Justizcommissare oder Rechtsan-
wälte so eine Art von Beamten sein sollten. Sollen auch diese
ausgeschlossen werdeu? Ich glaube, wenu man überhaupt den hier
fraglichen Satz annehmen will, so muß nothwendig eine engere Be-
grenzung des Begriffs von „Beamten" hingestellt werden. Ich habe
mich euthalten, in dieser Hinsicht eventuelle Anträge zu stellen, weil ich zu-
nächst abwarten will, wie die Herren Commissare der Reglerun-ä
gen fich über diesen Punkt äußern. Ob nun die wirklich in Acti-
vität befindlichen Beamten zweckmäßig hier zum Reichstag kommen
oder nicht, das ist eine sehr ernste und sehr schwierige Frage. Ich
glaube nach den Erfahrungen, die ich in dieser Hinsicht gesammelt habe,
daß die Frage, ob Beamte in den repräsentativen Körpern slzen sollen,