Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

476 Bundesfinanzen. 
daß die Einnahmen aus den Zöllen und Verbrauchsabgaben, aus gewerblichen 
Anstalten regelmäßig zu niedrig veranschlagt werden, daß das Ergebniß regel- 
mäßig höher sein wird. Daßb diese Ueberschlisse aber nicht den einzelnen 
Staaten zurlickgezahlt werden können, daß vielmehr die Erfordernisse eines 
geordneten Haushalts das Verbleiben der Ueberschüsse in der Bundeskasse 
bedingen, bedarf gar keiner Ausführung; es kommen diese Ueberschüsse für 
die nächsten Jahre den einzelnen Staaten ja auch wieder zu gute, indem um 
so viel weniger Matricularumlagen für die nächsten Jahre erhoben werden. 
Ich höre zu meinem Erstaunen durch Privatbesprechungen, daß man gemeint 
hat, es sei unmöglich, die Ucherschüsse zu veranschlagen bei der Berathung 
des Budgets, indem die Ueberschüsse aus dem letzten Jahre dann noch gar 
nicht vorlägen. Das ist augenscheinlich ein Mihverständniß; es sollen nur 
diejenigen Ueberschüsse, die wirklich vorhanden sind, nämlich aus den Vor- 
jahren, bei der Feststellung des Budgets berlcksichtigt werden; da, wo noch 
keine Ueberschüsse vorliegen, können sie selbstverständlich auch nicht in Betracht 
gezogen werden. Wenn wir beispielsweise pro 1868 im Sommer 1867 das 
Budget feststellen, so ist klar, daß wir die Ueberschüsse des Jahres 1867 noch 
nicht berücksichtigen können; wir können aber sehr wohl die Ueberschüsse der 
Jahre 1866 und 1865 berücksichtigen. Es ist also dleser Einwand nach 
meiner Auffassung durchaus unbegründet. Der Entwurf schlägt ferner vor 
dreijährige Budgetperiode, wir wollen einjährige. Da ich aus den Amende- 
ments der verschiedenen Seiten des Hauses schon sehe, daß man in diesem 
Punkt ziemlich einverstanden ist, so werde ich kurz darüber hinweggehen. 
Meine Herren, dreijährige Budgetperioden führen nothwendig zu unsicheren 
Anschlägen: entweder veranschlagt man zu hoch oder zu nledrig; für drel 
Jahre lassen sich die Bedürfnisse nicht vollständig Ubersehen. Sie führen 
also entweder dahin, daß der Reichstag zu wenig bewilligt, und das ist vom 
Uebel; oder sie führrn dahin, daß zu viel bewilligt wird, das ist auch vom 
Uebel. Wenn in einem kleinen Staate selbst eine dreijährige Budgetperiode 
bedenklich ist, so ist sie nach meiner Ueberzeugung völlig unmöglich in einem 
groben Staate, namentlich unmöglich in einem neuen Staate, dessen Bedürf- 
nisse erst in der Entwickelung sind, wo sich, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, die Anforderungen und Bedürfnisse noch nicht gesetzt haben, wo man 
also auf drei Jahre den Bedarf noch gar nicht vorhersehen kann. Wer einen 
wirklich lebensfähigen Staat, einen entwickelungsfähigen Bund haben will. 
muß nach meiner Meinung für einjährige Budgetperioden stimmen. Man 
könnte nun einwenden, daß das Amendement die Absicht habe, größere finan- 
zielle Rechte zu erstreiten, als in dem Entwurfe bereits vorhanden find, namem- 
lich daß das Amendement ein Einnahmebewilligungsrecht dem Reichstage 
sichere, welches der Entwurf nicht gewähre. Denjenigen Herren, die sich vor 
etwa bedenklichen Einwirkungen bezüglich des Einnahmebewilligungerechtes 
fürchten, mag Folgendes zum Troste dienen. Der Entwurf, meine Herren, 
giebt ein vollständiges Einnahmebewilligungsrecht, der Entwurf, wie er da ist;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.