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können. Da diese Vinculirung, die von uns selbst geforderte Vinculirnug
des Budgetrechts durch die Zahl der Armee nicht zu Stande kam, so ist das
Abgeordnetenhaus genöthigt gewesen, von seinem Ausgabebewilligungsrecht
einen Gebrauch zu machen, den ich im Augenblick nicht versolgen will, (Hei-
terkeit im Centrum) da er ganz unnöthiger Weise einen Streit über Diuge
hervorruft, die jetzt eben gesetzlich geordnet werden follen. Allein
die Frage kullpft sich unabweisbar an den Verlauf unserer letzten Jahrr,
der wir nicht ausweichen können. Wenn der allerberechtigtste Gebrauch eines
Ausgabebewilligungsrechts nicht geuligt hat, eine einseitige Erhöhung eimr
Armee um 60,000 Mann ohne Gesetz jahrelang abzuwehren, sollte ein un-
berechtigter Gebrauch die Kraft haben, die Regierung zu zwingen, eine
bestehende Armee um 60,000 Mann zu reduciren, nachdem der Bestand
dleser Armee einmal legal anerkannt, von einer Volksvertretung in den feier-
lichsten Formen acceptirt ist? Ich glaube, nein! Und wenn man dieses Nein
sich bestimmt sagen muß, daun glaube ich, dars man sich auch nicht weigern,
es in formulirten Erklärungen auszusprechen. (Sehr richtig! Sehr gut! im
linken Cenrum.) Der Grund aber, warum das bloße Budgetrecht diese
Zauberkraft nicht hat uüben können, liegt nicht in der Verderblichkeit einer
Budgekbewilligung überhaupt, sondern darin, weil diese Art der Anwendung
des Budgetrechts in Widerspruch steht mit der allgemeinen Wehrpflicht, mit
der Gesaumthelt unserer Heereeinstitutionen. Und, wenn wir diesen Wider-
spruch anerkennen und diesen Widerspruch heilen, dann erst bringen wir das
Budgetrecht in die Lage, in der es lebensfähig und wirksam wird. Ich sage,
meine Herren, wir dürsen kein Budgetrecht beanspruchen zu jenem Zweck,
mit dem wir in Widerspruch zu unseren Heeresinstitutionen kommen. Ich
meine das so. Unsere Wehrpflicht belebt und durchzieht alle Nerven und Muskeln
unferes Staats- und Volkslebens so tief, daß es urwerkräglich ist mit dem
Absolutismus in jeder Gestalt, auf die Dauer unverträglich mit dem Ab-
solutismus der Monarchie, auf die Dauer ebenso unverträglich mit dem Ab-
solutismus von Majoritätsbeschlüssen einer zweiten Kammer, (Bravo! Schr
richtig! im Centrum) — das Eine aus demselben Grunde wie das Andere. Es
ist uumbglich, dab in der Zukunft ein absoluter Monarch in Deutschland
von Jahr zu Jahr dictiren sollte, wie groß die stehende Armee, wie groß
die Leistungen an Menschen und Geld für die stehende Armee sein sollten.
Ich bin nie zweifelhaft geweseu, daß es rechtlich und politisch, daß es finanzicll
und wirthschaftlich ummöglich ist im Wege der Verordnung, von Jahr zu
Jahr einen Präsenzstand der Armee seststellen zu wollen, und, meine Herre,
die Königlich Preußische Staatsregicrung verzichtet auf einen solchen Anspruch
in dieser Verfassungsurkunde unwiderruflich, rückhaltslos und klar. (Sehr richtig!
im Centrum.) Aus demselben Grunde ist es unaussührbar, daß der Bestand
der Armee einseitig durch jährlich wechselnde Beschllsse aus der Moajorität
der zweiten Kammer eines Reichstages sestgestellt werden sollte. Denn, ich
wiederhole es, auch dies ist ein Absolutismus, (Sehr wahr!!) ein Absolutis-