Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Ar#ikel 69. Heydt. 515 
Bundescommissarius Finanzminister von der Heydt.") Meine Herren, 
im Auschluß an die Bemerkungen, die ich aus Anlaß verschiedener Amende- 
ments schon gestern bei der allgemeluen Discussion zu machen die Ehre hatte, 
möchte ich schon vorweg noch einige Bedenken zur Sprache bringen, zu 
welchen die Amen dements zu Art. 65 d. E. mir außerdem noch Anlaß geben. 
Ich werde nicht wiederholen, was ich gestern anführte, sondern ich möchte 
zunöchst darauf aufmerksam machen, daß die verschiedenen Amende- 
ments eine Bestimmung anscheinend aus der Preußischen Verfas- 
sung aufsgenommen haben, die dahin lautet, daß der Bundeshaushalts- 
Etat durch ein Gesetz festgestellt werden soll, in welchem alle Ein- 
nahmen und Ausgaben fixirt sein sollen. Es ist Ihnen bekannt, meine 
Herren, daß, wenn gleich die Preußische Verfassung eine solche Bestim- 
mung ausgenommen hatte, daß jeder Staatshaushaltsetat durch ein Gesetz zu 
Stande kommen soll, — dessen ungeachtet der Fall eingetreten ist, wo# 
diese verfassungsmäßige Bestimmung nicht zutraf. Ich lasse hier die 
Gründe unerörtert, welche dahin führten, daß kein Etat zu Stande kam, 
aber ich will nur an die Thatsache erinnern und an die Schwierigkei= 
ten, die dadurch entstanden, doß man nun der Regierung das Recht bestritt, 
so lange kein Etat festgestellt war, die Verwaltung in der nothwendigen Weise 
zu führen. Es liegt in unserm Intkeresse, solche Schwierigkeiten 
nicht zu erneuern. Waren damals die Schwierigkeiten groß, so wür- 
den sie jetzt unendlich viel schwieriger sein, nachdem die Ausgaben 
für die Armer und für die Marine im Voraus bewilligt find. In 
welche Lage nun, meine Herren, würde die Finanzverwaltung kommen, 
wenn auf der einen Seite die Ausgabe feststeht, auf der andern 
Seite aber das Zustandekommen eines Gesetzes nothwendig ist, um die 
zur Deckung nöthigen Summen zu vereinnahmen. Es kann ja die Bewillli- 
gung der Einnahmen nicht zu Stande kommen aus verschiedenen Gründen. 
Man kann bei den gemeinschastlichen Einnahmen Reformen vorschlagen, über 
welche zwischen dem Reichstage und der Majorität des Bundesraths eine 
Verständigung nicht zu Stande kommt. Man kann in Beziehung auf das 
Verhäliniß zwischen den gemeinschaftlichen Einnahmen und den Matricular= 
beiträgen verschiedener Meinung sein und es kann auch darüber Einverständ- 
niß möglicherweise nicht zu Stande kommen, man kann verschiedener Mei- 
nung sein darlber, wie die Matricularbeiträge einzuziehen seien, entweder 
durch directe Steuern, oder durch Aufforderung der betreffenden Staaten, 
diese Matricularbeiträge einzuziehen. Endlich ist der Fall immer, zwar nicht 
wahrscheinlich, aber doch nicht ganz unmöglich, daß aus irgend welchen 
Gründen das Etatsgesetz überhaupt nicht zur Annahme gelangt. 
"*) St. Ber. S. 639 r. o. Bei Beginn der Sitzung (30. Sitzung vom 9. April 
1867) war zunächst eine Interpellation in Belreff Hefsene erledigt worden. Antwort 
GrafBismard'’s St. Ber. S. 638 r. g. u. Bergl. unten am Anfang des Abschnitts 
über die „Verhältuisse der Süddeutschen Staatens. 
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