Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Arutel 60. Waldeck. 523 
liegen. Diese Herren glauben, sie könnten auf ihre Rechte, die sie aus's Po- 
suivste in dem Miaquel'schen Amendement sormuliren, vorläusig bis zum 
Johre 1871 verzichten. Allerdings haben in der Vorzeit die Kinder Israels 
40 Jahre lang in der Wüste gewandert und haben doch das gelobte Land 
endlich erreicht. (Heiterkeit.) Es wäre möglich, daß Sie nach jenen vier 
Jahren, die Sie durch die Wüste des Absolutismus wandern wollen, doch 
endlich noch wieder die Verfassung erreichten. (Helterkeit.) Meine Herren! 
Unsere Ersahrungen zeigen uns das wirklich ganz anders. Wir haben in den 
vergangenen 5 Jahren gar nicht von solchen ausgedehnten Rechten Gebrauch 
gemacht, sondern nur von einem Rechte, wesches gerade nach dem vorliegen- 
den Versassungsentwurf begründet sein würde. Denken Sie sich den Fall 
z. B., statt jener 300,000 Mann würde einmal die Staatsraison erfordern, 
350,000 Mann oder 400,000 Mann zu haben. Das gerade war unser 
Fall. Es wurde uns gesagt: „die Staatsraison ersordert, die Armee so und 
so weit zu verdoppeln.“ Do brauchten wir nur das Recht, dazu Nein zu 
sagen, neue Ausgaben abzulehnen, nicht etwa alte zu streichen, was nicht ge- 
schehen ist. Meine Herren, der Fall könnte nach dieser Versassung wieder 
vorkommen. Diezjenigen, die diese Versassung vertheidigen, müßten auf dem- 
selben Boden stehen; sie würden aber nach den Principien jener Herren gang 
gewiß mit der Staatsraison so gut geschlagen werden, als wir mit ihr immer 
geschlagen worden sind, d. h. sactisch geschlagen, von Widerlegungen und Ver- 
nunftgründen ist bei solchen Staatsraisons Überhaupt gar ulcht die Rede. 
(Heiterkeit.) Also in diesem Falle ist durchaus keine eigentliche Verschieden- 
heit vorhanden. Ich möchte allerdings nicht die Verwersung des Migqnel- 
schen Amendements. Man kann ja, und es ist das geschehen, für solche 
Fassung stimmen, man kann, wenn man sieht, die Versammlung wird es 
noch schlimmer machen, in den eventuellen Abstimmungen, wie wir das bis- 
her gehabt haben, für Bestimmungen stimmen, ohne diese Bestimmungen für 
annehmbar erklären zu wollen, ohne die Verfassung mit diesen Bestimmungen 
für annehmbar zu erklären, denn das würde ich für außerordentlich bedenk- 
lich halten. Denn, meine Herren, jene Wolkensäule — um auf das frühere 
Bild zurlickukommen — welche uns im Jahre 1871 als Wiedereroberung 
des Budgetrechts vorgemacht wird in den bisherigen Beschlüssen und in dem 
Migquel'schen Amendement, jene Wolkensäule wird in Rauch vergehen, ehe 
das Jahr 1871 da ist (Heiterkeit), wenn man fortsährt, in dieser Weise ver- 
fassungsmäßige Rechte zu exportiren. Ich glaube nicht, daß zu erwarten ist, 
daß dieser Proteus von Verfassung, von Absolutismus, Bundesacte und eini- 
gen Resten des constitutionellen Princips, daß dieser Proteus haltbarer sein 
wird für das Volk, als die bisherige Preußische Verfassung, die auch große, 
große Schwächen gezeigt hat. Meine Herren! Es ist so viel von dem 
Budgetrecht die Rede gewesen, es wird bei dem constitutionellen 
Rechte des Budgetrechts, welches das Abe des Constitutio nalismus 
ist, ein so furchtbarer Mißbrauch mit Begriffen, mit Worten hier
	        
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