536 Bundesfinanzen.
sie es nicht, so braucht die Regieruug sich nicht darum zu küummern. Mit
anderen Worten, um den Herrn Finanzminister zu befriedigen, müßte in dem
Nachsatze die Bestimmung des Vorsatzes ausgehoben und verfassungsmäßig
sestgesetzt werden: wenn der Beschluß des Parlaments nicht paßt, wird er
nicht respectirt und es wird nach den Grundsähen des absoluten Staates
regiert. Meine Herren, Sie erinnern sich, daß in dem Preußischen Abge-
ordnetenhause die Preußische Regierung versucht hat, dem Artikel 99 der
Versassung eine ungefähr ähnliche Lösung zu geben, es sollte der Zusatz auf-
genommen werden, daß wenn einmal in einem Jahre der Etat nicht zu
Stande komme, dann sollte der alte Etat weiter laufen. Dieser Vorschlag
hat auf allen Seiten der liberalen Partei ohne Ausnahme, auch auf Seiten
derjenigen Herren, die gegenwärtig im Centrum des Reichstags sitzen, keinen
Anklang, sondern directen Widerspruch gefunden als unvereinbar mit ver-
sossungsmäßigen Bestimmungen. Wenn die Frage, welche der Herr Finanz-
minister ausgeworfen hat, correct gelöst werden soll, so sind wir mit der
Verfassungsarbeit hier umsonst beschäftigt, dann ist es nicht nöthlg, daß wir
irgend welche Bestimmungen über das Budgetrecht ausfnchmen, denn es hängt
dann lediglich von dem Willen der Bundesregierung ab, uns elnen Etat vor-
zulegen oder nicht vorzulegen, oder den Etat so einzurichten, daß er uns un-
annehmbar erscheint, um dann vollständig freie Hand zu bekommen. Ee ist
mir nicht denkbar, wie irgend ein Budgetrecht fixirt werde, wenn die Frage
des Herrn Finanzministers in diesem Sinne beantwortet werden soll. Meine
Herren, wir sind gern geneigt, jede Garantie zu geben, und solche gesegtzliche
Bestimmungen in die Versassung aufzunehmen, welche es einem zukünsigen
Reichstage unmöglich machen, ohne Verletzung dieser Gesetze die Organisation
des Heeres in Frage zu stellen, sowohl in der Vorberathung, wie in der
Schlußberathung werden wir stets bereit sein, derartigen Formulirungen unsern
vollen Beifall und unsere Unterstützung zu geben; denn wir wünschen, klar
zu stellen, daß die Wiederkehr von Zuständen, an denen sich vermöge des
ungesetzlichen Vorgehens der Regierung der Conflict in Preußen erhoben hat,
unmöglich gemacht werde, und wir wollen dies dadurch erreichen, daß die
Gesetze für die Organisation ausreichend sorgen. Darllber hinaus sind wir
Ihnen zu folgen nicht im Stande. Ich erinnere mich, daß wir im Preußi-
schen Abgeordnetenhause bei der Berathung Über das Wahlgesetz gewarnt wor-
den sind, wir möchten auf die Schöpfung des Norddeutschen Parlamentes
nicht eingehen, weil in dieser Institution nur eine neue Geldbewilligungs-
Maschine hergestellt werden würde, und weil, wie von anderer Seite der
Verdacht ausgesprochen wurde, die gesammte Constitulrung des Norddeutschen
Bundes nur dazu angethan sei. die verfassungsmäßigen Rechte, die wir in
Preußen bereits besitzen, bei Seite zu schaffen. Wir haben auf dergleichen
Warnungen nicht gehört, wir haben damale den Verdacht für undegründet
gehalten und halten ihn heute noch für unbegründet; aber thatsächlich wird
es sich so gestalten, wenn von Seiten derjenigen Bertreter der Preußlschen