Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

540 Bundesfinanzen. 
und trotz nochmaliger gewissenhafter Prüfung, haben wir uns nicht über- 
zeugen können, daß jene Folgerung gerechtfertigt sei. Wir glauben nämlich, 
daß ganz abgesehen von der Feststellung des Bundeshaushaltes im Wege 
der Bundesgesetzgebung — denn nur so verstehen wir den Ausdruck 
„durch ein Bundesgesetz“, — daß ganz abgesehen von dem Zustandekommen 
eines solchen Stnatshaushaltsgesetzes unbedingt dem Bundespräsidium das 
Recht zusteht, die gemeinschaftlichen Intraden für die Bundeskasse einzuziehen. 
Die Festsetzung des Bundeshaushalts hat nur den Zweck, Ausgaben zu 
bewilligen, für die bewilligten Ausgaben eine Reihe von Einnahmen 
anzuweisen und außerdem große und wichtige Verwaltungszweige 
der Specialcon role des Reichstages zu unterwersen, einer Special- 
controle, die wir allerdings für ein geordnetes Staatswesen für erforderlich 
halten, für unbedingt erforderlich, weil wir auch in dieser höchsten Sphäre 
des Staatslebens die Selbstverwaltung, die bestimmende Theilnahme des 
Volkes durch seine Vertretung an so wesentlichen Zweigen des 
Staatslebens festgehalten wissen wollen. Wir gehen davon aus, daß 
von den Einnahmen, die in zwei großen Hauptgruppen dastehen, erstens die 
Zölle und gemeinsame Steuern an sich verfassungsmäßig dem Bundespräsidium 
zustehen, weil in den Abschnitten VI und VIII in den betreffenden Artikeln 
ausdrücklich die Bestimmung enthalten ist: Diese Intraden fließen in 
die Bundeskasse. Eine derartige versassungsmäßige Bestimmung sichert 
von vorn herein dem Bundespräsidium das Recht zu, diese Intraden von 
den Einzelstaaten zu sordern, und eine Verweigerung derselben Seitens eines 
Einzelstaates würden wir als einen Versassungsbruch ansehen, der alle 
diejenigen Folgen gegenüber dem renitenten Einzelstaat nach sich zöge, die im 
Artikel 19 für solche Fälle bestimmt sind, ein militärisches Einschreiten 
von Seiten des Bundespräsidiums. Daß die Unterthanen der Bun- 
desstaaten am allerwenigsten in der Lage sind, solche Intraden zu verweigern, 
das bedarf wohl keiner Erwähnung, denn für den einzelnen Unterthan sind 
die Bestimmungen des Bundesfinanzwesens überhaupt nicht maßgebend, son- 
dern dessen Pflicht, die Zölle und die Verbrauchssteuern zu bezahlen, beruht 
auf dem speciellen Gesetz, welches sie in dem Einzelstaat anordnet. Was 
zweitens die Matricularbeiträge betrifft, so haben wir in unsern Anträgen 
abweichend von den Miquel'schen Anträgen, — und wir legen allerdings darauf 
Werth — die Bestimmung des Entwurss, in welcher dem Bundespräsidium 
die Befugniß zugeschrieben ist, die Matricularbeiträge nach Maßgabe des 
Bedarss ohne Weiteres auszuschreiben, puro et simple angenommen. 
Gerade aus dieser Bestimmung scheint uns ebensalls die un bedingte Be- 
rechtigung des Bundespräsidiums zu folgen, auch abgesehen von der Fest- 
stellung des Bundeshaushaltsetats von den einzelnen Staaten diese Bei- 
träge einzufordern. Es steigert sich aber diese Besugniß, insofern sle die 
Militärbedürsnisse betrifft, in einem noch höheren Grade durch die in der 
Versassunglstehen gebliebene Bestimmung des Artikels 58 d. C., wonach die Bei-
	        
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