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hochgeehrten Herren! Die Debatten der letzten Tage sind ganz entschle-
den dominirt worden durch die Erinnerung an den Confllet des
Preußischen Abgeordnetenhauses mitl der Preußischen Reglerung
wegen des sogenannten Budgetrechts. Es scheint mir daher wünschens-
werth und für die klare Aufsassung des Verfassungsentwurss von Interesse
zu sein, wenn derselbe auch einmal von einer Selte vertheidigt
wird, welche bei dieser ganzen Differenz vollständig unbethel-
ligt gewesen ist. Es ist, glaube ich, meine Herren, nicht ganz glücklich
für den Aussall dieser Debatten, daß dem so gewesen ist; denn wir sind
hier in diesem Augenblicke nicht eine Fortsetzung des Prrußischen Abgeord-
netenhauses, wir haben nicht die Aufgabe, eine innere Preußische Differenz.
zu schlichten, sondern wir haben die Aufgabe, hier etwas ganz Neues zu
schaffen. (Sehr richtig!) Wir haben une hier also nicht nach bestehen-
den Gesetzen zu richten, sondern wir haben de lege ferenda zu
beschließen. Dabei müssen wir aber auch berlcchsichtigen, daß diejenigen
Finanzbestimmungen, die wir in den Entwurf ausgenommen und der hohen
Versammlung vorgelegt haben, nicht für einen Einheitsstaat berechnet
stnd, sondern für einen Bund. Gehen wir nun auf die eigentliche Bedeutung
des Budgetrechts zurlick — ich will das nicht näher hier entwickeln, das ist
eine ziemlich allgemein bekannte Sache — aber ich glaube, ich irre mich nicht:
es knüpft sich die politische Bedeutung, die diesem Rechte selbst von den
extremsten Seiten belgelegt wird, hauptsächlich an die directen Steuern.
Directe Steuern aber kennt unser Entwurf gar nicht, wir haben es nur
mit indirecten Bundessteuern zu thun. Wir gründen auf keinen Einheits-
staat, sondern einen Bund. Dieser Bund umsaßt und absorbirt auch nicht
die volle staatliche Gewalt aller einzelnen Staaten, die letzteren bestehen viel-
mehr nebenbei fort; es bestehen die innere Gesetzgebung, das Innere Finang-
wesen der einzelnen Staaten, das innere Bewilligungsrecht der einzelnen
Kammern ganz intact nebenbei fort. Es handelt sich hier nur um die Be-
wllligung solcher Ausgaben, die für den Vund und Bundeszwecke gemacht
werden, und um die Bewilligung der Einnahmen, die zur Bestreitung dieser
Ausgaben nothwendig sind. In Bezug auf die Bundesausgaben unterscheldet
die Verfassungsvorlage drel hauptsächliche Kategorien, einmal die für das
Militär, diese sollen verfassungsmäßig ein für allemal festgesetzt werden:
zweitens die für die Marine, darüber soll, wie es in dem Entwurfe heißt,
eine Vereinbarung stattsinden, und drittens die Ubrigen Ausgaben, die in
einem Etat vorgelegt und alsdann auf dem Wege eines Bundesgesetzes fest-
gestellt werden sollen. Demnächst handelt es sich um die Bewilligung der
Einnahmen. Die Natur dieser Einnahmen ist in dem Entwurfe vollständig
genau festgestellt worden. Es sollen hiernach für Bundeszwecke verwendet
werden die Zölle, die gemeinschaftlichen Einnahmen von Branntwein, Bier,
Zucker u. s. w. u. s. w. Meine Herren, das sind meines Erachtens alles
keine Einnahmen, die sich, wie sie einmal gesetzlich feststehen, ohne Weiterrs