Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artilel 70. Wiggers. 553 
Seiten der Volksvertretung, warum geben Sie denn keine Sicher- 
heit gegenüber den Regierungen, gegenÜber der Bundesgewalt 
und gegenüber der Executive? Die Executive könnte doch auch einmal 
trren, und, meine Herren, das ist doch noch viel schlimmer, denn die Execu- 
tive können Sie zu Hause schicken, die Volksvertretung aber nicht. (Große 
Heiterkelt. Ruf: Umgekehrt!) Die Executive können Sie nicht zu Hause 
schicken, — ich bitte diesen lapsus linguse zu entschuldigen. Also um so 
mehr müßten Sie sich der Executive gegenliber zu schützen suchen. Wenn 
Sie einmal annehmen, daß Sie der Volksvertretung nicht trauen dürfen in 
Bezug auf den Militäretat, so mussen Sie consequent sagen: dann dürfen 
Sie bberhaupt ihr nicht vertrauen. Warum verlangen Sie denn dann nicht 
bestimmte Garantien auch dafür, daß den Beamten das Gehalt ausgezahlt 
wird, oder den Lehrern, oder vielleicht gar den Kreisrichtern, warum wollen 
Sie denn da nicht auch solche Garantien haben, die Sie für nothwendig 
halten? Also wenn Sie in dlesem einen Punkte sagen, Sie könnten der 
Volksvertretung nicht vertrauen, dann müssen Sie überhaupt sagen, wir 
können ihr nicht vertrauen. Das ist dann der Absolutismus, dann haben 
Sie überall von der Volksvertretung nur den Schein, sie hat dann 
überall keine Rechte mehr. (Anhaltendes Bravo linke, lebhafter 
Widerspruch rechts.) Dann ist es besser, daß der Absolutismus das 
macht, als daß wir die Zustimmung dazu geben, und nur den Schein noch 
reiten sollen. Meine Herren, es sind in der Sonnabend-Sitzung bei Ge- 
legenheit der Berathung über den Arkikel 58 d. E. verschiedene Vorwürfe gemacht, 
die an die linke Seite des Hauses gerichtet sind, in der That aber eigentlich 
an die Preußischen Abgeordneten, an die Fortschrittspartei sich richteten. 
Meine Herren, ich denke, wir sitzen hier nicht als Preußische Abgeordnete, 
sondern wir Alle sind hier als Mitglieder des Reichstages, und daher meine 
ich, daß solche Sachen, solche Streitigkeiten der Parteien, nicht hierher ge- 
hören, sondern daß das im Preußischen Abgeordnetenhause ausgekümpft wer- 
den muß. Ich will deshalb auch nicht auf den Vorwurf eingehen, der uns 
von einem Abgeordneten gemacht wurde, für den wir wegen seiner glänzen- 
den Heldenthaten mit der höchsten Bewunderung erfüllt sind, der uns den 
Vorwurf gemacht hat vom Mangel an Muth oder, wie es hieß, in's Mause- 
loch hineinkriechen..) Ich will darlber nicht weiler sprechen, aber doch das 
aussprechen: Wenn, was Gott verhüten möge, es zum Kriege kommen würde 
zwischen Deutschland und Frankreich, dann bin ich Überzeugt, daß, wenn das 
Baterland ruft, Niemand hier im Saal sein würde, der nicht mit Freuden 
berelt wäre, den Fahnen unserer glorreichen Armee zu folgen (Bravol) und 
sein Blut für das Baterland, für Deutschlands Unabhängigkeit und Existenz 
hinzugebm. (Bravo!) Es ist ung auf der linken Seite des Hauses ver- 
schiedene Male der Vorwurf gemacht worden, daß wir rein negirend 
zu Werke gehen, und in der That keine Verfassung wollten. Meine Herren, 
S. oben SC. 404.
	        
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