Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

560 Bundeofinanzen. 
sie sei, wie es hier gesagt worden ist, das Aß#C desselben. Ich habe nicht 
die Absicht, mich Über die rechtspolitische Bedeutung dieser Ansicht aus- 
zusprechen. Es ist das heute und gestern von einem sehr verehrten Herrn 
Collegen in so vortrefflicher Weise geschehen, daß ich mich darauf nur zurük 
zu beziehen habe. Ich habe nicht darüber mich auszusprechen, daß in einer 
consequenten Fortführung dieser Ansicht die rechtliche Continuität des 
Staatslebens meiner Ueberzeugung nach allerdings aufgehoben sein würde. 
Wohl aber will ich zwei Worte darlber sagen, ob denn diese Ansicht 
wirklich in unserm Deutschen Staatsrecht, wie wir es bisher ge- 
lehrt haben, zu Recht besteht, und diese Frage habe ich nach voller und 
gewissenhafter Ueberzeugung zu verneinen. (Hönl) Meiner Ueberzeugung 
nach ist dae bestehende Budgetrecht in unserem gemeinen Deut- 
schen Staatsrecht —ich sehe ab von der Preußischen Verfassung — 
lediglich dasjenige, was ich als Inhalt der ersten Ansicht hin- 
gestellt habe. Freilich, meine verehrten Herren, das muß ich zugeben, 
es ist von jeher für eine sehr große und kaum zu lösende Schwierig-= 
keit angesehen worden, dieses Budgetrecht, wie ich es verstehe und als recht- 
lich bestehend ansehe, practisch zu sformuliren. Es ist beinahe naiv, wenn 
ältere Verfassungsurkunden es damit zu thun geglaubt haben, daß sie 
den Say inserirten, die Bewilligungen dürften nicht an fremd- 
artige Bedingungen gekulpft werden. Es ist ja klar, daß dieser 
Satz recht wohl dazu dient, das Princip zu bezeichnen, aber es bedarf fur 
Niemand eines Beweises, daß eine solche Bestimmung völlig ohne prac- 
tische Bedeutung ist. Nach meiner Ueberzeugung, wie ich sie stets vertreten 
habe, giebt es nur eine Art, diese von mir als die rechtlich beste- 
hende bezeichnete Theorie wirklich auch practisch auszuführen. 
Es ist nämlich die, daß in Bezug auf dle wichtigsten Institutionen 
des Staates, bei denen eine Continultät durchaus nothwendic ist, 
gesetzliche Ordinarien bestimmt werden. Jch meine, Orbluarien, 
welche ganz feste Grundlagen geben, Grundlagen, welche als solche der Dis- 
cussion entzogen sund, und zwar so, daß erst jenseits des Ordinariums wie- 
der das volle Recht der freien Vereinbarung besteht, in Bezug auf die Or- 
dinarien aber nur das Recht der Prüfung, ob die bestehenden Ansätze dem 
Rechte entsprechen. (Sehr gut!) Ich glaube, meine verehrte Herren, daß 
nur bel dieser Formulirung das Budgetrecht in einer Weise aus- 
gelibt werden kann, welche auf der einen Seite das Bedür fniß des 
Staats nach einer continuirlichen und nicht periodisch in Frage gestellten Lei- 
tung befriedigt, auf der andern Seite aber auch der Volkevertretung 
eine Befugniß einrdumt, die nichts weniger als unbedeutend lst. 
Wenn aber bei irgend einer Institution des Staats ein solcher Weg. 
nothwendig ist, so ist er es bel der Heereeinstitution, namentlich 
bel derjenigen, welche in Preußen nun seit langer Zeit einge- 
flhrt ist. Bei dieser scheint mir eine Grundlage, welche die unverbrüch-
	        
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