Artites74. Wigard. Schwarje. 591
gegen diese unberechtigten Volksvertreter wegen Aneignung einer ihnen nicht
zukommenden Befugniß Klage zu führen. In dieser Beziehung hat die in
diesem Saale oft geschmähte Deutsche Reichsverfassung vom Jahre 1849 ihre
großen Vorzüge; sie hat einerseits Bestimmungen, welche die Verfassung und
die Integrität des Deutschen Reiches unverletzt zu erhalten die Aufgabe haben,
aber andererseits hat sie auch dem Einzelnen, auch dem Niedrigsten im Volke
das Recht gewährt, gegen Verfassungsverletzungen und Gesetzüberschreitungen
von oben Klage flhren zu können, wenn im eigenen Lande Hülfe ihm uscht
gewährt werden kann. Darum, meine Herren, weil ich vollständig mit der
Ansicht des Herrn Bundescommissarius darin übereinstimme, daß in den
vorliegenden Bestimmungen des Entwurfs durchaus eine Erschöpfunz des
so wichtigen Materials nicht zu finden ist, weil ich ferner übereinstimme mit
allen Denjenigen, welche vor Allem das Recht geschützt haben wollen nach
allen Seiten hin, und darum für ein Bundesgericht auf das Entschiedenste
mich erklären muß, — darum glaube ich auch, meine Herren, daß unser
Borschlag sich empfiehlt, welcher diese Bestimmungen nur als
vorübergehende, nur als ein Provisorium betrachtet : issen will
und darum dem Artikel 68 des Entwurfs noch ein klein. Artikel
vorausgeschickt werden soll. Dann wird, meine Herren, auf dem Wege
der Gesetzgebung möglich sein, was wir in dem Stadium, in das wir ein
getreten sind, nicht mehr zu erreichen im Stande sind, es wird dann mög-
lich sein, sowohl die Competenz des Bundesgerichts vollständig festzustellen,
wie es auch möglich sein wird, seine Organisation und das Berfahren vor
demselben zu bestimmen, und so einen Rechtsboden auch für diesen Bund zu
schaffen, den, meine Herren, ich leider in so vielen Punkten der Verfassung
vermisse. (Bravo! links.)
Dr. Schwarze“) Der Herr Abgeordnete Wölfel hat eine Prophe-
zeiung ausgesprochen, von welcher nicht blos ich sondern ich hoffe die
Mehrzahl der Mitglieder dieses Hohen Hauses üÜberzeugt ist daß er ein
schlechter Prophet sel. Meine Herren! Wir sind froh, daß er nicht
zu bestimmen hat, wie lange die Besetzung des Königreichs Sachsen
durch die Preußischen Truppen zu dauern habe, daß er auch nicht
zu bestimmen hat, wie lange der Norddeutsche Bund dauern werde.
Wir im Gegentheil haben die fröhliche Hoffnung und Zuversicht, daß
das Bundesverhältniß zwischen der Krone Preußen und der Krone Sachsen
so stark befestigt sei, daß auf der einen Seite die Krone Preußen keinen An-
laß haben wird die Besatzung fortdauern zu lassen, daß audererseits die
Krone Preußen ganz gewiß in der Bevölkerung Sachsens treue Bundesge-
nossen in Aufrechthaltung und Entwicklung des Norddrutschen Bundes finden
wird. Wir Sächsischen Abgeordneten sind ohne Unterschied der Partei-
*) St. Ber. S. 667 r. m.