596 Schlichtung von Streitigktilen rc.
will mir erlauben, gegen die Bemerkungen des Herrn Dr. Schaffrath zu
sprechen; ich halte im Gegentheil den Artikel 69 für einen Fortschritt. Es
ist bekannt, daß durch den Bundesbeschluß vom Jahre 1836 bereits der Satz
im Allgemeinen ausgesprochen war, daß diejenigen Handlungen gegen den
Deutschen Bund, welche in deu einzelnen Staaten als Hochoerrath oder als
Staatsverrath zu qualificiren seien, mit denselben Strafen zu belegen sein
würden, als wenn sie gegen den einzelnen Staat gerichtet seien. Es ist aber
bekannt, daß gerade die Gesetzgebung über politische Verbrechen eine außer-
ordentlich verschiedenartige ist, und ich meine, daß es gerade bei politischen
Verbrechen vorzugsweise Aufgabe der künftigen Rechtseinheit sein wird, da-
für zu sorgen, dah nicht in dem einen Vande etwae für ein politisches Ver-
brechen angesehen wird, was es in dem andern Lande nicht ist. Nun, glaube
ich, wird diese Rechtseinheit vorzugsweise nur durch einen Gerichtshof ver-
mittelt werden können, und daß man dazn einen solchen Gerichtshof gewählt
hat, wie das Oberappellationsgericht zu Lübeck, das scheint mir nicht nur
bei der Stellung diesee Gerichtshofes sondern auch bei dessen durch ganz
Deutschland hochbewährtem Ruhme eine sehr glückliche Wahl zu sein. Ees
hat zwar der Herr Dr. Schaffrath gesagt, es sei dies ein Ausnahmegericht
und, wenn ich ihn recht verstanden habe, es wllrde der Angeklagte seinem
ordentlichen Richter entzogen. Meine Herren, der ordentliche Richter ist
nur derjenige, welcher durch das Gesetz bestimmt ist; das ist das Ober-
appellationsgericht zu Lübeck. Ich kann auch dem Oberappellationsgericht zu
Llbeck nach der Function, die ihm hier zugewiesen ist, nicht den Character
eines Ausnahmegerichtes zugestehen; es ist eben der politische Gerichtshof
für den gesammten Umfang des Norddeutschen Bundts. Es hat der Herr
Dr. Schaffrath ferner geltend gemocht, daß durch diese Bestimmung des
Artikel 69 die Competenz der Geschworenengerichte für politische Verbrechen
in denjenigen Ländern, wo die politischen Verbrechen den Schwurgerichten zu-
gewiesen sind, geradezu aufgehoben würde. Ich begreife nicht recht, wie der
Herr Abgcordnete Dr. Schaffrath diese Behauptung aus dem gedachten Artikel
ableiten will. Ich muß ihn als ein altes Mitglied des Frankfurter Parla-
mentes daran erinnern, daß im Frankfurter Parlamente, als die Frage wegen
Errichtung eines politischen Gerichts, Überhaupt eines Bundesgerichts debat-
tirt wurde, man die Frage, ob das Bundesgericht mit oder ohne Zuziehung
von Geschworenen zu judiciren habe, als eine erst bei der Organisation des
Gerichts zu beantwortende Frage betrachtete und ausdrücklich den Beschluß
faßte, daß diese Frage dem künftigen Reichstage mit überwiesen werden sollte.
Also ohne über diese Frage, ob Geschworene mit zu entscheiden haben oder
nicht, schlüssig sich zu machen, kann meines Erachtens der Artikel 69, der
dieser Frage gar nicht präjudicirt, angenommen werden. — Doa ich aber ein-
mal das Wort habe, so erlaube ich mir zur Rechtfertigung meines Antrages
zu Artikel 69 nur noch eine kurze Bemerkung. Es ist mir nämlich der
Zweifel mitgetheilt worden, ob mit der Fassung des Amendements auch der