614 Berhälluiß zu Süddeutschland.
geschehen? Im letztern Fall müßte füur die nördlich des Mains gelegenen Theile
des Grobherzogthums Hessen eine besoudere Besteuerung eingeführt werden,
um diese Matricularbeiträge, die in Aussicht stehen, beizubringeu. Schließ-
lich mache ich noch auf Ar##ikel 70 des Verfassungsentwurfs aufmerksam. Die
Bestimmungen desselben sind nur anwendbar auf ein, eine Staatseinheit bil-
dendes Land, passen aber nicht für eine von den anderen Landestheilen durch
eine andere Gesetzgebung abgetrennte Provinz. Aus allen diesen Gründen
müssen wir wünschen, daß diese Unzuträglichkeiten durch die Aufnahme des
ganzen Großhhergogthums in den Norddeutschen Bund sobald als möglich be-
seitigt werden. Erfolgt diese Aufnahme nicht, so würde nichts übrig bleiben
als die Einführung einer besonderen Verfassung und Verwaltung für die
nördlich des Mains belegenen Theile des Großherzogthums. Daß wir das
nicht wünschen können, werden Sie einsehen, meine Herren, da das, was
seit lange mit einander verwachsen ist, nicht ohne Nachtheil und Schmerzen
getrennt werden kann. Wir haben mit den übrigen Provinzen des Groß-
herzogthums Hessen Jahre hindurch Freud und Leid getragen und wünschen
auch mit denselben wie seither vereinlgt zu bleiben. Wir glauben auch, daß
die Mehrzahl der Bewohner des Großherzogthums Hessen in den Theilen,
die nicht zum Norddeutschen Bund gehören, den Wunsch haben, mit den
Übrigen Theilen des Landes vereinigt zu bleiben, und selbst die dadurch aller-
dings ihnen erwachsenden größeren Lasten gerne tragen werden, wenn dieser
Zweck erreicht wird, in der Hoffnung, daß der Beitritt des ganzen Groß-
herzogthums Hessen zum Norddeutschen Bund die Brucke bilden werde, die
uns mit unseren Stammesbrüdern in Baiern, Würtemberg und Baden wie-
der unter einer Verfassung verrinigen werden. Ich kann bei dieser Veran-
lassung die Bemerkung nicht unterdricken, daß die Sehnsucht, doß Deutsch-
land wieder unter eine Verfassung vereinigt werden möge, natürlich in den
Südstaaten Deutschlands stärker ist, als bel Ihnen, meine Herren, die Sie
dem Preußischen Staate angehören. Der Preußische Staat ist durch die
glänzenden Erfolge des vorigen Jahres, durch die Tapferkeit seines Heeres,
durch die energische und intelligente Führung seiner Generale, zu welchen
Seine Majestät der König ja selbst zu rechnen ist, auf eine Stufe der Macht
und des Aunsehens gediehen, daß er auch ohne Vereinigung mit den Sud-
deutschen Staaten unter einer Verfassung einc achtunggebietende Stellung
in dem Europäischen Staatensystem stets einnehmen wird. Die Süddeutschen
Staaten können aber ihren Deutschen Beruf ohne eine Annäherung an den
Norddeutschen Bund unmöglich erfüllen. Wir haben daher die Hoffnung,
daß diese Vereinigung in möglichst baldiger Zukunft stattfinden möge. (Bravol)
Präsident der Bundescommissarien Ministerpräsident Graf v. Hismarch“)
Ich würde mich zu einer erschöpfenden Beantwortung der von dem Herrn
5) SGe##. Ber. S. 638.