Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

618 Verhältmmiß zu Süddeutschland. 
setzliche Regelung voroussetzt, erkennen. Es log uns daran, auf diese Weise 
hier wiederum zu constotiren, doß wir gegenüber dem großen Ziele unserer 
notionalen Zukunst die Abschließung des Norddeutschen Bundes nur als ein 
geschichtliches Provisorium betrachten. Es log uns daran, namentlich in der 
jetzigen Loge Europa's, wo der Horizont noch verschiedenen Seiten sich ver- 
dlstert hat, wo Gefahren verschiedener Art den Fortgang unseres Einheits- 
werkes bedrohen, auch on unserem Theile den festen Entschluß ouszusprechen 
und zu bekunden, daß wir dieses große Ziel der Einheit der gesammten Deut- 
schen Notion nicht aus den Augen verlieren, daß wir Norddeutschloud vor- 
lönfig nur einigen im Sinne einer Etoppe auf dem großen Wege, welchen 
die Gesinnung der Nation seit 20 Jahren uns und unsern Nochkommen be- 
zeichnet hot. Wir leben der Ueberzeugung, doß der Eintritt Süddeutschlands 
in dieses hier zu gründeude Bundesverhöltniß mit geschichtlicher Nothwendig- 
keit und hoffeutlich mit unousholtsamer Schnelligkeit sich vollziehen wird. 
Wir wünschen es auch heute unseren Süddeutschen Stammesgenossen zuzu- 
rufen, doß diese Gesinnung ollein uns erfüllt, wenn wir heute uns scheinbar 
durch die Umgreuzung des Norddeutschen Bundes gegen sie abschließen. Auf 
der onderen Seite, meine Herren, erscheint es uns deutlich, doß der vorlie- 
gende Verfassungsentwurf in einer Rcihe wichtiger Bestimmungen nicht mehr 
ausreichen wird, wenu dieser Eintritt Süddeutschlands erfolgt. Ich erinnere 
nur an einen Artikel, einen der wichtigsten in dem Verfassungswerk, der einen 
der großen Augelpunkte bezeichnet, um welchen das Verfassungsleben des 
Norddeutschen Bundes sich ferner bewegen wird. Die Zusammensetzung des 
Bundesraths kann ohne Schoden für die einheitliche Centralgewolt des Bun- 
des so gestaltet werden, wie hier geschehen, so lange die Zohl der Bundes- 
glieder auf die in dem ersten Artikel dieser Verfassung bezeichucten Staaten 
sich beschränkt. Ich habe schon früher einmal an dieser Stelle darauf hin- 
gewiesen, wie die Stellung der Krone Preußen in der Legislative des Nord- 
deutschen Bundes eine wesemtich beschränkte ist, wie sie kelneswegs der Stel- 
lung eines selbstständigen Factors der Legielotive entspricht, au die wir sonst 
bei monarchischen Formotionen mit Grund gewöhnt sind. Nur die thotsäch- 
lichen Mochtverhältnisse im Bunde könuen eine solche Einrichtung provisori- 
scher Weise ols unbedenklich erscheinen lossen. Wenn das Gewicht der Süd- 
deutschen Staoten dem Bundesrath hinzugesügt wird, dann, meine Herren, 
wird es unerläßlich sein, die Stellung der Krone Preußen sowohl im Bum- 
desrathe als in der Verfossung überhoupt zu störken; denn nur mit einer 
solchen Stärkung würde donn die Krone Preußen im Stande sein, die ihr ouf- 
erlegten großen Rechte und schweren Pflichten dieser Bersossung wirksam und 
segeusreich durchzuführen. Es ist also unerläßlich, für den hoffentlich bald 
eintretenden Fall einer Verschmelzung Nord- und Süddeutschlonds Vorkch- 
rungen zu treffen, doß sobold dieser Foll erscheint, dann ouch die nothwen- 
digen Aenderungen an dieser Verfassung in Erwägung gezogen werden müssen. 
Deshalb können wir nus nicht einverstanden erklären mit jenen Amendements,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.