624 Verhältniß zu Süddeutschland.
in kein Verhältniß zu Süddeutschland zu treten, das, möchte ich sagen, folgt
schon aus dem Artikel 71, den die verbündeten Regierungen an das Ende
dieses Versassungsentwurfes gesetzt haben. Meine Herren, es war eigentlich
aicht nöthig, diesen Artikel hinzuzusetzen, er gehört gar nicht zur Verfassung,
aber er ging aus einem natltrlichen Geflhle hervor. Die verblindeten Re-
gierungen wurden, als sie die Verfassung für Norddeutschland festftellten,
nach dem Schlusse des letzten Artikels von dem Gefühle Überkommen, was
auch psychologisch und politisch ganz richtig ist, — von dem Gefühle näm-
lich: wir haben hier zwar eine Bundesverfassung, aber nur für Norddeutsch-
land, nur für die Hälfte Deutschlands, die andere Hälfte Deutschlands ist
noch ausgeschlossen, nämlich Süddeutschland. Es ist unmöglich, für Nord-
deutschland einen Bund zu schaffen, ohne wenigstens Süddeutschlands zu ge-
denken. Sie haben nun Süddeutschlands in diesem Artikel gedacht und schon
darauf hingewiesen, daß Verträge mit Süddeutschland geschlossen und dem
Reichstage vorgelegt werden sollten. Meine Herren, die verbündeten Reygie-
rungen waren nach der politischen Situation nicht in der Lage, ein Mehreres
zu geben und ein Mehreres vorzuschlagen als hier geschehen ist. Es sind
jetzt aus der Versammlung zu diesem Artikel Amendements gekommen, de
dem Gefl#hl der Nation nach Einigung noch größeren Ausdruck geben wollen,
es sind Amendements vorgeschlagen worden, wodurch den Süddeutschen Staaten,
wenn ich so sagen soll, der Wiuk gegeben werden soll, sie möchten in diesen
Norddeutschen Bund eintreten, und ich werde mich dem Amendement an-
schließen, welches aus der Reihe meiner politischen Freunde in dieser Be-
ziehung gestellt ist. Ich habe ein Bedenken darin, indem es in diesen
Amendement heißt, daß der Eintritt der Süddeutschen Staaten oder eines
derselben in den Bund ersolgen solle auf Vorschlag des Bundespräsidiums
im Wege der Bundesgesetzgebung. Es ist da von Süddeutschen Staaten ge-
sprochen, meine Herren; in diesem Augenblicke sind wir mehr wie je aufger
fordert, eines Staates zu gedenken, der möglicherweise nicht zu den Süddeut-
schen Staaten gerechnet werden könnte: das bekannte Großherzogthum, was
doch zu Deutschland gehört, und von dem ich es durchaus nicht für ummög-
lich halte, daß gerade auch dieser Staat in unsern Norddeutschen Bund ein-
trete. Es ist eine Möglichkeit, ihn unter die Süddeutschen Staaten mitzu-
rechnen, ich möchte aber ausdrücklich erwähnen, daß wir wenigstens implicite
in den Motiven die Ansicht ausdrlicken, daß unter diesen Süddeutschen Staaten
auch das Großherzogthum Luxemburg mit enthalten sei. Meine Herren, wir
als Reichstag können noch weiter gehen, als wie diese Vorschläge gegangen
sind, wir sind nicht durch diplomatische Rücksichten gebunden, nicht dorch
politische Bedenken gefesselt; nach meiner Meinung ist es Recht und Pflicht
des ersten Norddeutschen Reichstages, daß er es öffentlich dem Inlande und
Auslande gegenüber kundglebt, daß die Deutsche Nation ein unveräußerliches
Recht auf ihre Zusammengehörigkeit hat, daß es eine nothwendige Folge un-
serer politischen Entwickelung ist, daß Deutschland sich einlgt, daß der Ein-