Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

626 Verhälimiß zu Süddenllchland. 
letzten Jahre deutlich documentirt haben. Die Süddeutschen werden diese 
ihre Vorurthelle aufgeben müssen. Wenn ich mich ciues parlamentarischen 
Vildes bedienen soll, so wird die äußerste Rechte in Süddeutschland endlich 
den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragen müssen, sie wird einsehen müssen, 
daß, wenn sie noch länger gegen den Stachel leckt, sie sich nur selbst ver- 
wunden wird. Das Centrum in Süddeutschland wird lernen müssen, daß 
es nicht der Beruf des Menschen ist, in Gemüthlichkeit hinter dem Bier. 
schoppen zu sitzen und in aller Sicherheit gegen Norddeutschland und gegen 
Preußen zu schelten. (Heiterkeit und Bravo!) Sie werden einsehen müssen, 
daß die strenge militärische Zucht, das stramme Zusammenfassen aller Kräste, 
die mühsame Arbeit für und in dem Staate eine Nothwendigkeit ist. (Schr 
gut!) Endlich wird die Linke in Süddeutschland ihre Träumereien, die wir 
eben wieder gehört haben, die Träumereien von einer Föderativrepublik als 
ein Utopien fallen lassen müssen, sie wird begreifen müssen, daß heutigen 
Tages die constitutionelle Monarchie die einzig mögliche und einzig richtige 
Form nicht blos für Deutschland sondern ich möchte sagen auch für ganz 
Europa vielleicht auf Jahrhunderte hiuaus ist. Endlich werden die Ultra- 
montanen — und sie sitzen ja auf allen Seiten des Hauses vertheilt — 
die Ultramontanen werden sich sagen müssen, daß, wenn Preußen und Nord- 
deutschlaud auch ein wesentlich protestantischer Staat ist, wenn das Princip 
protestantischer Geistessreiheit auch der Grunopfeiler dieses Staates ist, daß 
doch die Preußische Regierung stets mit dem gleichen Recht und mit dem 
gleichen Wohlwollen ihre kalholischen Unterthanen wie ihre protestantischen 
behandelt hat, (Zustimmung) und daß also die Katholiken Süddeutsch- 
lands nichts für ihre Religion und für ihre Rechte zu befürchten haben, 
wenn sie in den Norddeutschen Bund eintreten. (Lebhafte Zustimmung.) 
Aber, meine Herren, diese Vorurtheile in Süddeutschland sind — 
und das können wir zu unserem Glücke uns sagen — sie sind in der letzten 
Zeit — und das ist eben Folge der großen politischen Umänderungen und 
das zeigt, daß geschichtliche Facta, wenn sie auch an dem Einzcluen vielleicht 
spurlos vorübergehen, doch auf ein ganzes Volk nicht ihre Wirkung verlierea 
können — (Sehr richtig!) diese Vorurtheile sind in Süddeutsch- 
land stark im Schwinden. Wir haben gestern die patriotische Inter- 
pellation gehört aus Oberhessen, worin gebeten wird, gauz Hessen. Darm- 
stadt in den Norddeutschen Bund aufzunechmen. Das Gefühl der patrioti- 
schen Erhebung ist noch gesteigert worden durch die unübertroffene staats- 
münnische Beantworkung, die auf diese Interpellation ertheilt ist. Meine 
Herren, an demselben Tage, wo diese Interpellation erfolgte, hat im An- 
fange der Sitzung unser Herr Präsident une eine Petition mitgetheilt aus 
Würtemberg, aus Heilbronn, aus jenem Schwaben, das am meisten immer 
den Norddeutschen widerstrebt hat, eine Petition, welche zeigt, wie selbst in 
diesem Laude die Stimmung für den Norden an Boden gewinnt.“) Wir missen, 
) S#. Ber. S. 637. Bei Beginn der 30. Sitzung vom 9. April verlas Dr. Simson
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.