Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

654 Eingang und Ueberschrift der Berfafsung. 
als ein Recht ihrer als Abgeordnetenhauses, daß sie späterhin diese Ber- 
sassung noch vor ihr Forum zu ziehen hobe. Inzwischen, meine Her###, 
glaube ich doch, daß die Thatsachen mächtiger sein müssen als wie derartige 
Grundsätze oder derartige Absichten; ich glaube, daß nachdem dieses Haus 
versammelt ist und mit den 22 Regierungen eine Verfassung vereinbart oder 
berathen haben wird, dann keine einzelne Kammer mehr in der Lage sein 
kann dem entgegenzutreten, und wenn nun auch formell allerdings die Einzel- 
kammern noch werden gefragt werden müssen, so glaube ich doch, daß diese 
Frage immer nur einen formellen Charakter haben kann und darum, meine 
Oerren, halte ich es auch dieses Hauses würdig, daß es sich selbst diese Stel- 
lung vi#ndicire, daß es also ausspreche, daß es dieses Haus ist, welches diese 
Versassung feststellt, d. h. in dem Sinne seststellt, daß nun an der Ber- 
sassung im Einzelnen Aenderungen nicht mehr stattfinden können, dab alse 
die Genehmigung, welche allerdings den Einzel-Landtagen noch vorbehalten 
ist, eben nur den sormellen Charakter haben könne. Ich bin also der Mei- 
nung, daß es späterhin bei Verkündigung der Verfassung heißen wird, daß 
die Verfassung festgestellt ist in Uebereinstimmung der Regierungen und 
des Reichstages und genehmigt demnächst von den einzelnen Landesvertre- 
tungen. Ich glaube aber umsomehr, daß das Preußische Abgeordnetenhaus, 
worauf es hier wesentlich ankommen wird, nicht in der Lage sein kann, einen 
ernstlicheu Widerspruch gegen die Verfassung zu erheben oder das Berlangen 
zu stellen, daß es selbst noch im Einzelnen Prüsungen mit dieser BVersassung 
vornehmen könne, weil es sich nicht nur sagen muß, daß es in sich auf einer 
engeren Bosis ruhe als der Reichstag, sondern well auch gonze Landestheile, 
die jetzt zu Preußen gehören, in dem Abgeordnetenhause, dem diese Ber- 
fassung zur Genehmigung vorgelegt werden wird, gar nicht vertreten find. 
Es würde die Folge sein, daß in diesem Hause allerdings die Hannoveran#er, 
Schleswig-Holsteiner, Nassauer, Hessen und Frankfurter Über die Verfassung 
mliberathen haben, daß ihnen aber ein entscheidendes Votum nicht zustehen 
würde, und das, meine Herren, kann und darf unmöglich die Folge sei. 
Ich glaube, das ganze Deutsche Volk hat ein Recht darauf, bei der Deutschen 
Versassung auch ein entscheidendes Votum mitabzugeben und namentlich haben 
es auch dlese Landestheile, die in dem Preußischen Abgeordnetenhause gar 
nicht vertreten sein werden. Darum, meine Herren, empfehle ich 
Ihnen, daß Sie das Amendement, welches ich gestellt habe, an- 
nehmen mögen. Ich wiederhole, ich will damit keineswegs ausdrucken, 
was ja gegen das bestehende Gesetz sein würde, daß die Verfassung endgiltig 
sestgestellt sei, sondern ich will damit nur zu erkennen geben, daß ich der 
Meinung bin, daß sie nicht mehr abgeändert, also nur angenommen oder 
abgelchnt werden kann von den Einzellandtagen.
	        
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