662 Schlaßberathung.
harte und schwere Wort gegen die Opposition gesprochen worden,
und dennoch stelle auch ich mich auf diesen Standpunkt der Oppofition mit
einer Unbefangenheit und einer innern Sicherheit, wie ich sie bei ähnlich
wichtigen Angelegenheiten nicht immer empfunden habe. Der Grund hier-
von liegt einsach dorin, daß ich den der Opposition gemachten Hauptvor-
wurf: sie wolle nicht das Zustandekommen des Norddeutschen
Bundes, — schlechterdings nicht begrelfen kann. Ich habe absolut
kein Verständniß für die Annahme, daß irgend ein Mitglied des Hohen Hauses
dieses Zustandekommen nicht wolle. Ich bin vielmehr der Meinung, daß, nach-
dem der alte Bund von 1815 zerstört ist, kein Tropfen Deutschen Blutes in
den Adern dessen fließen könnte, der nicht bereit würe, mit Herz und Hand
für das Zustandekommen dieses Norddeutschen Bundes zu wirken. Und
in der That besteht auch nach dem, was ich über die bisher laut gewordenen
Aeußerungen innerhalb dieses Hauses gelesen und gehört habe, schlechterdings
keine Meinungsverschiedenheit hinsichtlich dieser Hauptfrage. Ee ist allseitig
anerkanm, daß nicht bloß dieser Norddeutsche Bund eine absolut reelle Noth-
wendigkelt sei, sondern es sind auch die Lebensbedingungen dieses Norddeutschen
Bundes von sämmtlichen Rednern, die hier gesprochen haben, den großen
Princlpien nach anerkannt worden. Es ist das zunächst das Princip, dab
die Particularsouverainität der Einzelstaaten, die ohnehin nur in schlimmen
Zeiten und gegen den Genius der Deutschen Nation theilweise durch die In-
triguen und Waffen des Auslandes importirt worden ist, erheblichen Be-
schränkungen unterliegen muß; und es ist zweitens allgemein getheilte Ueber-
zeugung, dah an die Spitze dieses zu begründenden neuen Bundesstaates das
mächtigste Herrscherhaus Deutschlands, das Könlgliche Haus der Hohengollern
treten muß, und zwar mit derselben innern Nothwendigkeit, mit welcher in
fruheren Jahrhunderten die Franken-, Sachsen= und Schwabenherzoge, dann
die Luxemburger und Habsburger in Deutschlaud Schwert und Scepter ge-
führt haben. Also, meine Herren, es besteht in der That Gemein-
schaftlichteit der Ueberzeugung hinsichtlich der Grund= und Le-
bensbedingungen des zu errichtenden neuen Bundes und ich sollte
meinen, es wäre angemessen, diese Gemeinsamkeit mehr, als es geschehen ist,
sich zu vergegenwärtigen, um jede Bitterleit und Feindseligkeit der Discussion
fern zu halten, die ja nicht zur Ausgleichung der übrig bleibenden Streitig-
keiten führen kann. Und worum drehen sich deun diese übrig blei-
benden Streitigkeiten? Lediglich um die Frage, ob neben den
gouvernementalen Bedürfnissen der zu begründenden Bundes-
gewalt auch die berechtigten Wünsche und Forderungen der Deut-
schen Nation in dem ursprünglichen Verfassungsentwurfe zur
Anerkennung gebracht worden seien. Und diese Frage fühle ich
mich gedrungen, ohngefähr von demselben Standpunkte ausgehend, den
die Opposition bisheran eingenommen, zu verneinen. Ich bin
insbesondere der Ueberzeugung, daß die Bestimmung des Versasfungs=