Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

58 Reichstag. 
den Schlußsatz des Artikels streichen müssen. Wenn es wahr ist, daß 
das allgemeline Wahlrecht die Capacitäten in noch viel größerem 
Maße in die Versammlung führt, als ein anderes Wahlsystem, nun, 
melne Herren, dann ist es ja ohne Weiteres klar, dann können Sie 
la die Wählbarkeit der Beamten ganz unmöglich ausschließen; 
denn dann würden Sie ja mit der einen Hand nehmen, was Sie mit 
der andern geben, und ich verstehe deshalb den Zusammenhang der Aus- 
führungen des Herrn Präsidemten der Bundescommissarien nach dlesen beiden 
Richtungen hin schlechthin gar nicht. Aber, meine Herren, da ich einmal 
bel dem Ausschluh der Beamten bin, so möchte ich auch gegen das eben 
erst zu unserer Kenntniß gelangte Amendement des Abgeordneten Gra- 
fen von der Schulenburg mich erklären. Meine Herren, ich habe 
nicht die Ehre, dem Preußischen Richterstande anzugehören; 
aber da ich der Erste bin, der durch das Loos dazn berufen ist, auf die 
Worte des Herrn Prüsidenten der Bundescommissarien einzugehen, so ge- 
statten Sie mir im Gefühle des gewissenhaften Mannes, den 
Preußischen Richterstand gegen diejenigen Angriffe in Schatz 
zu nehmen, die in den Worten des Herrn Präsidenten der Bundes- 
commissare zwar nicht direct ausgesprochen waren, aber doch zwischen 
den Zeilen in einer nur zu leicht zu verstehenden dder foll ich lieber 
sageo mißzuverstehenden? — Welse ausgedrückt waren. Meine 
Herren, wenn aus den Grönden einer Anzahl von Erkennutulssen, 
gefällt von Preußischen Gerichten, die Folge hergenommen ist, es sei in 
Preußen erlaubt, für 10 Thaler dem Ministerium alle möglichen Invec- 
tiven zu sagen, so bilte ich zunächst, meine Herren, auf Eins zu achten. 
Ich glaube, meine Herren, wir kranken in unserem öffentlichen po- 
litischen Leben durchaus und Überall an einem ganz falschen 
Begriffe der Beleidigung; (Sehr wahr! links) und das liegt darin, 
daß wir unsere politische Ehre mitunter in etwas gang Falsches 
setzen. Es ist ganz eiwas Anderes, meine Herren, ob ich im Privat- 
leben Etwas zu diesem oder Jenem sage, der mir gesellschaftlich es#gegen- 
tritt, oder ob ich gegenlberstehe einem Rathe der Krone, der bestimmte Hand- 
lungen verlbt hat, die für das ganze Land von durchaus durchschlagenden, 
vielleicht nach meiner Ansicht unheilvollen Folgen gewesen sind. So wie, 
meine Herren, die Ehre des Ministers eine audere ist, beeinflußt durch seine 
Stellung, so muß es auch sein mit dem Begriff der Ehrverletzung, also 
dem Begriff der Beleidlgung. Meine Herren, ich bin üÜberzeugt, daß an 
denjenigen Erfahrungen, die in Beziehung auf Preßprocesse, Beleldi 
gungsprocesse, namentlich Amtsbeleidigungsprocesse, wir in allen Deut 
schen vändern, und speciell in Preußen gemacht haben, weniger unser 
Preßgesetz schuldig ist, als vielmehr, meine Herren, dieser nicht 
gesunde Begriff von demjenigen, was zuunfrer polltischen Ehre 
gehört. Und ich räume ein, es gehört eine lüngere politische Thätigkeit,
	        
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