Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

674 Schlußberaihung. 
das Preußische Herr soll und muß gauz unabhäugig sein von dem Etat, — 
das kann ich fassen, solche Ansicht. Es wird dann gleichsam alle audere Ge. 
setzgebung für sonstige Fälle, alle Etatfeststellung für alle andere Zweige der 
Dienstes den Ständen eingeräumt, aber nicht die Hauptsache: das Heer, 
dasjenige, wofür man die allgemeine Wehrpflicht in Anspruch nimmt. Solche 
Ansichten sind ausgesprochen und find wohl zu sassen, aber den Mittelweg 
dazwischen, den fasse ich nicht und deshalb kann ich für diesen Mirtelweg, 
den budgetlosen Zustand bis 1871, nicht stimmen. Ich kann mich freuen 
vielleicht, wenn der Mittelweg angenommen wird, insofern der andere nicht 
angenommen wird, aber ich kann für eine Versassung nicht stimmen, welche 
diesen Mittelweg enthält, weil diese Verfassung das Budgetrecht und das 
Recht des Volkes zur Theilnahme bei der Feststellung des Heeres, welche es 
durch den Etat jederzeit und unwidersprochen ausgeubt hat, vollständig ver- 
nichtet. Darum kann ich nicht dafür stimmen. Ich will, daß Preußen — 
aber das bisherige Prcußen, das Preußen der Intelligenz, das 
Preußen der Freiheil, das Preußen, auf das die Blicke aller ge- 
bildeten Nationen gerichtet sind — daß das an die Spitze Deutsch 
lands kommen solle. Darum will ich diesem Preußen nicht so die 
Hände binden, wie es durch diese Verfassung geschieht, und Alles, 
was hier gesagt ist von den Möglichkeiten, die in einem Reichstage oder Land- 
tage oder wo sonst vorkommen sollen, — alle diese Sachen sind lecre Chimären. 
Denn wenn ein Volk wirklich der Frecheit würdig ist, wie wir es von uns 
behaupten, so ist dleses selbe Volk (das hat die Geschichte gelehrt) erst recht 
das Volk, das wehrhast sein will, erst recht das Volk, das dem Auslande 
gegenüber sich nichts bieten läßt, erst recht das Volk, das, wenn es seine 
eigenen Kinder ins Heer stellt, wenn es dem Baterlande die gröhten Opfer 
bringt, wahrlich nicht darauf ausgeht, ein solches Heer matt zu setzen. Wer 
dieses Verkrauen nicht hat, von dem begreise ich nicht, wie er überhaupt Volks- 
vertreter sein kann. Ich begreife nicht, wozu diese Tribline, wozu öffentliche 
Wirksamkeit, wenn man eine Nation so gering schätzt, wie es dadurch ge- 
schieht, wenn man sie in diesem Punkte ein für allemal dem Absolutismus 
unterwerfen will. (Bravo! links.) Meine Herren! Auch die Verfassungs= 
verbesserungen in dem Abschnitt Über das Finanzwesen haben 
keinen großen Werth, wenn das Recht im Hauptpunkte wieder exportirt 
wird bis 1871. Es wird sehr schwer sein, daun wieder in den Besitz dieser 
Rechte zu kommen. Ich gebe aber auch noch zu, daß eine solche Ver 
besserung im Siane der Herren, die sie vorgeschlagen haben, 
eie gewisse Berechtigung, eine gewisse Euntschuldigung — will 
ich einmal sagen — haben könnte, allein der Hauptpunkt liegt 
doch noch ganz wo anders, der Hauptpunkt liegt in dem Cardinal. 
sehler: Sie machen keine Bundesgewalt, Sie machen keine Central-= 
gewalt mit verantwortlichen Ministern durch diese Versassung. Dos 
ist der Hauptsehler. Ich hätte so sehr gewünscht, daß hier namentlich
	        
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