Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

680 Schlußberathung. 
sie auf solche Weise beseitigen. Es gicht nur ein Mittel, das allgemeine 
gleiche Wahlrecht der Ordnung, der Gesellschaft gegenüber nicht seindlich auf- 
treten zu machen und die Fundamente der Gesellschaft und des Staates da- 
durch nicht erschüttern zu lassen, und das ist das, daß man die Principien, 
denen das allgemeine Wahlrecht entsprungen ist, die Principien der Rechts- 
gleichheit, der Gleichheit Aller vor dem Gesetz und der Selbstregierung, 
der Betheiligung aller Bürger für alle Kreise des Gemeinwesens, für alle 
Angelegenheiten des öffentlichen Lebens in Staat und Gemeinde, in unseren 
Einrichtungen durchführt, daß man es nicht herausreißt aus dem System des 
öffentlichen Rechts, dem es eben angehört, sondern daß man die ganzen Stoats- 
einrichtungen Überhaupt adäquat macht dem allgemeinen gleichen Wahlrecht. 
Je mehr Sie dies versäumen, je mehr Sie zu künstlichen Cautelen Ihre 
Zuslucht nehmen, desto wehr fordern Sie die Gesahr heraus, denn desto 
mehr erwecken Sie nothwendig in dem Theil unserer Bevölkerung, in den 
am meisten davon berührten Klassen die Stimmung, daß es Ihnen nur um 
eine Scheinconcession zu thun sei, daß Sie das, wos Sic ihnen mit der einen 
Hand geben, mit der audern Hand wieder entziehen wollen, und ich wüirde 
es ties bedauern, weun der Reichstag in diesem Punkte seinem früheren Ma- 
joritätsbeschlusse irgendwie uutreu würde. Das Deutsche Volk verlangt von 
uns ein Deutsches Parlament, meine Herren, aber keine Notablenver- 
sammlung, und am wenigsten verlangt es eine solche, weil so große und 
schwere Dinge, die wir nicht sestgestellt haben in der gegenwärtigen Versassung, 
von denen man immer sagt, daß sie einer künstigen Entwickelung vorbehalten 
bleiben müssin, diesem künftigen Parlament anvertraut werden sollen; am 
wenigsten aber (das ist gewiß) in der Mehrheit des Volkes, in der Mehr- 
heit Derer, die im Volke Überhaupt Über politische Dinge denken — am wenig- 
sten erwartet man von einer Versammlung, die selbst aus dem allgemeinen 
gleichen unbeschränkten Wahlrecht hervorgegangen ist, daß sie dieses all- 
gemeine Wahlrecht vernichten hilft! (Widerspruch rechts. Lebhaftes 
Bravo! liuks) ja wohl, vernichten hilst, meine Herren, wie ich Ihnen 
eben ausgeführt habe und für das ich Ihnen überlasse mir den Gegenbeweis 
zu führen. Sie gewähren eine Scheinconcession und weiter thun sie Nichts, 
und was sie mit der einen Hand geben, nehmen sie mit der andern Hand 
wieder! Glauben Sie nicht, daß irgend welche Klassen im Volke so politisch 
ungebildet sind, daß sie das nicht sehr gut einsehen und vorstehen sollten! 
Das laun ich Sie versichern. (vebhaftes Bravo! links.) Noch immer hat 
die Geschichte einer Versammlung, die die Quelle ihres eigenen Daseins ver- 
leugnet hat, — und dies ist für Sie das allgemelne Wahlrecht — und die 
so weit gegangen ist, diese Quelle zu verstopsen, den Berus zu ihrer Sen- 
dung abgesprochen, noch nie hat eine solche Versammlung Großes, Dauern- 
des für die Entwickelung des Volkes geleistet. Ich warne Sie davor. (Veb- 
haftes Bravok linke.)
	        
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